Mittlerweile sind sie zur kleinen, rentablen Gattung geworden - globalisierungskritische Dokumentarfilme. Der Markt ist vorhanden, also wird er bedient. Mit Streifen wie DER GROSSE AUSVERKAUF, UNSER TÄGLICH BROT, DARWINS ALPTRAUM É Nein, man muß das nicht süffisant kommentieren, daß der Kapitalismus auch für seine Kritiker immer noch ein trockenes Plätzchen bereithält. Und ab und an ist dieses halt im Kino. Nach WE FEED THE WORLD ist Erwin Wagenhofer erneut von einer Weltreise mit einem Film im Gepäck zurückgekehrt. LET’S MAKE MONEY seziert jene Adern, durch die nicht zuletzt auch unser aller Geld fließt. Von den einschlägigen Banken hin zu spanischen Bauarbeitern, afrikanischen Baumwollpflückern oder Minenarbeitern. Zu jenen, die unser Geld mehren und selber bettelarm bleiben. Auf deren Armut sich unser Wohlstand gründet.
Zumindest bringt Wagenhofer es so auf den Punkt. Er macht dies, indem er zerlumpte Gestalten gegen maßgeschneiderte Nadelstreifen, Gesichter der Gier gegen Gesichter des Elends schneidet. Dazwischen gibt es Impressionen. Armenviertel im schönen Licht eines tropischen Sonnenuntergangs und Morgengrauen über dem Genfer See. Dann wieder Geschäftsmänner in klimatisierten Limousinen und Kinder auf Hitze flirrenden Müllhalden. Das Kapital und seine Opfer.
Jean Luc Godard bemerkte einst, daß man in der Einstellung - also der Art, wie man etwas zeigt - die Einstellung zum Gezeigten erkenne. Und in der Montage, so kann man hinzufügen, erkennt man die Intention. Wie verräterisch die sich bei Wagenhofer offenbart, diskreditiert das Genre, das er bedient. Das Dilemma an den globalisierungskritischen Dokumentarfilmen im Allgemeinen und an Wagenhofers Beitrag im Speziellen ist, daß sie die Bilder und Geschichten, die Schicksale und Menschen in der Art, wie sie diese aufzeigen, als Illustration einer längst fertig gezimmerten These mißbrauchen. Im besten Falle erlebt man dabei noch ein Suchen nach Bestätigungen. Erklärungen für die globale Misere liefert indes ein Weltbild, in dem die Schuldigen klar ausgemacht sind. Und wenn dabei die Beweisführung mal nicht im Expliziten greift, behilft man sich mit Suggestionen.
Wohlwollend gesagt, geht es hier eben nicht um’s Aufklären, sondern um’s Aufrütteln. Das kann man ehrenhaft finden. Nur, daß die Komplexität der Situation sich eben nicht mit tendenziösen Dualismen darstellen läßt.
Österreich 2008, 110 min
Verleih: Delphi
Genre: Dokumentation, Polit
Regie: Erwin Wagenhofer
Kinostart: 30.10.08
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.