D/Österreich 2017, 97 min
FSK 6
Verleih: Farbfilm
Genre: Drama, Biographie, Musik
Darsteller: Maria Dragus, Devid Striesow, Lukas Miko
Regie: Barbara Albert
Kinostart: 01.02.18
Zunächst: Es hat sie wirklich gegeben. Maria Theresia Paradis war Komponistin, Pianistin, Musikpädagogin und ja, sie war blind. Von jetzt auf gleich in frühen Kindertagen, dann – nach einigen Monaten sehender Hoffnung als Jugendliche – wieder bis zu ihrem Tod. Indes, man spricht eher von Haydn und Mozart, kommt die Rede auf die führende Wiener Klassik. Bei Resi Paradis klafft in den Schriften häufig nur ein „unbek.“, was Daten und Orte betrifft. Die meisten Werke: verschollen. Das Grab: unauffindbar. Jetzt gibt es etwas LICHT im Dunkel einer Biographie.
Natürlich ist Barbara Alberts edel ausgestattetes und den Ton seiner Zeit treffendes Historiendrama eine Mutmaßung. Schon Alissa Walsers Romanvorlage mit dem deliziösen Titel „Am Anfang war die Nacht Musik“ ist eine freie Annäherung an Tatsachen. In der Melange aber blickt LICHT fein austariert auf eine Künstlerin, auch durch eine Fokus-Verschiebung. Denn anders als im Buch wird Resi zum zentralen Charakter. Gerafft auf wenige prägende Monate ihres Lebens, erzählt der Film von einer kleinen privaten Revolution, von mehr als dem sprichwörtlichen Sprengen eines Korsetts.
1777 ist Resi Paradis 18. Am Beginn muß man als Zuschauer über lange Minuten einfach ihr Gesicht „ertragen.“ Es gibt kein Entweichen. Fast clownesk geschminkt, mit Turmperücke und wild rollenden Augen, wie ein Pferdchen von den Eltern vorgeführt, spielt Resi für die Wiener Gesellschaft Klavier. Ein Wunderkind, so heißt es gern. Ein Wunderdoktor, auch das ein oft benutzter Slogan, wird an Resi den nächsten Versuch wagen, ihr das Augenlicht zurückzubringen. Alle bisherigen Behandlungen brachten ihr nur Schmerzen, wuchernde Haut und Geruch. Franz Anton Mesmer, ein umstrittener wie ehrgeiziger deutscher Arzt und Heiler, nimmt sie zu sich. Bei ihm taut Resi auf, auch durch Begegnungen mit anderen Mädchen. Und plötzlich sieht sie erste Umrisse, dann klarere Bilder. Doch das Sehen macht ihr Angst, und das Spiel läßt nach. Am Ende dann wieder Resis Gesicht. Es hat sich verändert.
LICHT war für Maria Dragus eine komplexe Mutprobe, die sie bestanden hat. Eine exzellente Leistung dieses „supérieuren Talents.“ In den Nebenrollen muß der Film zwangsläufig mit weniger Konturen auskommen, was zu verschmerzen ist, weil er dafür einige Tücken des Genres auffällig umschifft und es mit den Allegorien aufs Sehen nicht übertreibt.
[ Andreas Körner ]