Manche Reisen dauern einfach länger. So brauchte dieser Film knapp vier Jahre nach Entstehung für den Weg in die deutschen Kinos. Und dafür offenbart das Ziel manchmal Großes, Berückendes und in seiner Schlichtheit einfach Wahrhaftes. So geschieht’s auch mit diesem dunklen Bildnis einer kantigen Liebe, diesem schwermütigen Tango zweier verletzter Großstadtsklaven und gegen die Einsamkeit Rudernder. Da ist die alleinerziehende Maria, die in der vagen Stille des nächtlichen Roms durch ihre Tochter Lisa auf den dunkeläugigen Chauffeur Antonio stößt. Er findet sofort Gefallen an der spröden, irgendwie gehetzt wirkenden Frau, deren Schönheit aus ihrer Unruhe, ihrer Getriebenheit und vielleicht aus ihrer immanenten Traurigkeit geboren wird.
Maria träumt den schnöden Traum, den das reale Leben jenseits aller Luftschlösser gerade noch erlaubt: sie will frei sein, materiell frei sein. Dafür läuft ihr Geschäft für Tiefkühlprodukte jedoch viel zu schlecht. In einem Moment, der aus Sehnsucht, Verzweiflung und Müdigkeit genährt scheint, verläßt sie ihr Schneckenhaus und verbringt eine Nacht mit dem schwer verliebten Antonio. Um sich fortan wieder abzuwenden. Antonio erfährt, daß Marias Weg zum Freisein ein teuer erkaufter sein wird: sie schuldet einem kriminellen Wucherer viel Geld. Antonio wird versuchen, mit seinem Geld ihre Seele frei zu kaufen ...
Diese ruhig und konzentriert erzählte Geschichte um emotionales Seilspringen und dunkle Schatten auf der Seele hat so gar nix mit dem oftmals ach so aufgeregten italienischen Kino von heute zu tun. Vielmehr erinnert dieses tiefsinnige Stück an den Neorealismus de Sicas, versetzt mit einer stilsicheren Poesie, die wohl dem Verständnis der Liebenden dient, es dem Zuschauer aber in ihrer gleichsam überhöhten und klug reduzierten Klangfolge sicher nicht immer einfach macht, ihn aber letztendlich in ein reizvolles Labyrinth der Unwägbarkeiten entführt.
Darin ist schließlich zu erfahren, daß zwar klassische Helden ausgedient haben, der Kampf für die Liebe sich aber immer lohnt. Mit diesem guten Gefühl kann man nach Hause gehen.
Originaltitel: LUCE DEI MIEI OCCHI
I 2001, 114 min
Verleih: Schwarz-Weiß
Genre: Drama, Liebe
Darsteller: Luigi Lo Casio, Sandra Ceccarelli, Silvio Orlando
Regie: Giuseppe Piccioni
Kinostart: 23.12.04
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.