Originaltitel: TOUT LE MONDE DEBOUT
F 2018, 107 min
FSK 0
Verleih: NFP
Genre: Komödie, Romantik
Darsteller: Franck Dubosc, Alexandra Lamy, Elsa Zylberstein
Regie: Franck Dubosc
Kinostart: 05.07.18
Zunächst wird man argwöhnisch: das Regiedebüt des Komikers Franck Dubosc, der außerdem das Drehbuch schrieb und sich selbst die Hauptrolle übereignete, ah ja. Dann weicht die Skepsis Augenrollen: Besagter Protagonist namens Jocelyn verkörpert den üblichen karrieregeilen, eitlen Casanova, dem jede Lüge dient, um in unschöner Regelmäßigkeit willige Weibchen abzuschleppen, wie innovativ! Zum angedachten Durchwinken fehlt die Energie, man bleibt daher eben dran … Kollege Zufall führt jetzt erst mal Jocelyn und Julie zusammen. Sie: süß, blond, trägt einen Stoffrest als Hose und ein Dekolleté herum, das weder Fragen noch Wünsche offenläßt, ergo totale Beute. Dazu vielleicht intellektuell etwas im Hintertreffen, doch voller Herzensgüte; hält ihn für querschnittsgelähmt. Er: läßt den Irrtum bestehen. Wieder sie: stellt ihm ihre ältere Schwester Florence vor, die tatsächlich im Rollstuhl sitzt.
Logisch, daß nun der Blitz einschlägt, Jocelyn baldigst echte Zuneigung hegt, allerdings meint, der Angebeteten weiterhin was vorspielen zu müssen. Jene Mutlosigkeit ist sogar irgendwo akzeptabel, weil Florence unserem Gefühlswaschlappen Jocelyn komplett das Wasser abgräbt – eine starke, selbstbewußte Frau, die nicht das Schicksal verflucht, sondern bissigen Witz mag und weiß, daß übereinstimmende körperliche Handicaps kein ewiges gemeinsames Glück garantieren. Obwohl sie dieses ersehnt und, eine spätere Offenbarung zeigt es, trotzdem nach memorablen Momenten, nahen Augenblicken greift, manchmal auch ganz bewußt denen ohne Zukunft.
Solcher Komplexität steht Jocelyn machtlos gegenüber und zieht zwangsläufig plumpen Slapstick zur Aufrechterhaltung der Fassade ab. Dubosc hingegen gewinnt an Fahrt, hat schließlich Reisegeschwindigkeit erreicht und verzichtet ab sofort dankenswerterweise auf die brachialen Faxen. Er bittet Claude Brasseur zum erwartbar hinreißenden Gastauftritt, beweist mit Mamas Lieblingslied einigen musikalischen Geschmack (absolutes Ohrwurm-Risiko!) oder funktioniert die schreckliche Schmonzette TITANIC zur wahrlich großen Kunst um, audiovisuell einzigartig, emotional ungeahnte Tiefen auslotend.
Und wenn am Ende Assistentin Marie zum überfälligen Befreiungsschlag ausholt, gibt er endgültig den Frauenversteher. Wer darob ächzt und verzichtet, gehe in Frieden und verpasse eine erstaunlich geglückte Überraschung.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...