D 2009, 100 min
FSK 6
Verleih: Universum
Genre: Kinderfilm, Literaturverfilmung, Märchen
Darsteller: Karl Alexander Seidel, Steve-Marvin Dwumah, Amrita Cheema, Anke Engelke, Moritz Bleibtreu
Regie: Lars Büchel
Kinostart: 08.10.09
Lippel, ein 11jähriger Bub, hat gerade Probleme: Nicht nur, daß er Mitschüler-Mobbing zum Opfer fällt, jetzt verreist auch noch sein alleinerziehender Vater aus geschäftlichen Gründen und hat zwecks Haushaltsführung Frau Jakob engagiert, welche sich als kleinkarierte Teufelsbraut entpuppt. Diese gibt Anke Engelke, vom Regisseur folgendermaßen gepriesen: „Anke gehört zu den Darstellern, die häufig zu viel spielen.“ Was zwei Anmerkungen provoziert: Erstens wurde Lob schon besser verpackt. Und zweitens spürt man von dieser Spielfreude praktisch nichts, weil Engelke mimt, als hätte sie einen Stock verschluckt, was gleichermaßen für alle erwachsenen Akteure gilt, welche sich gegenseitig an Steifheit zu übertreffen suchen. Dafür entwickelt Karl Alexander Seidel in der Titelrolle teils derartig zügellose Lebendigkeit, daß einem Himmelangst werden kann.
Jedenfalls leidet Lippel arg unter dem strengen Weib, weil er als gehätscheltes „Das esse ich nicht, jenes muß ich sonst nie“-Gör bislang die Grundregeln häuslichen Zusammenlebens torpedieren durfte. Dazu heulen draußen Windböen durch das scheinbar dauerverregnete Passau und erklingt drinnen Klagemusik, wenn das geplagte Kind tatsächlich – Schock! – Tomatensuppe konsumieren soll. Um solcherlei Grausamkeiten zu entgehen, träumt sich Lippel fortan in den Orient, wo sämtliche Menschen seiner Umgebung ihre Pendants finden. Unter anderem mutiert Frau Jakob im überdramatischen Jungenhirn zur mordlüsternen Hexe, während der Papa als Scheich auftritt.
Grundsätzlich eine nette Idee, zumal nun die Hoffnung auf Spaß und Abenteuer keimt. Aber letztlich versackt das Potential schnell im Wüstensand, da der Inszenierung außer prächtigen Kostümen wenig einfällt, was Interesse wecken könnte. Nach wie vor quälen sich die Darsteller durch hölzerne Dialoge, bleibt der nominelle Witz verborgen und ist typisch deutsche Biederkeit ganz großer Trumpf. Eine Erzählstruktur, welche planlos zwischen Realität und Fiktion umherhoppelt, trägt auch kaum zum 1001-Nacht-Flair bei.
So ächzt der Film also asthmatisch voran und bietet dem natürlich mittlerweile zum Helden gereiften Lippel, der sich erst recht nichts mehr gefallen lassen will, die Möglichkeit, das Böse in Haushälterinnengestalt minutenlang zu bestrafen. Schön. Vor allem für Eltern, deren Kinder daraus lernen, daß Grenzen „pfui!“ sind.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...