Rapid Eye Movies, kurz REM genannt, ist unter den deutschen Filmverleihern der wohl einschlägigste Kenner des asiatischen Marktes. Seine Bibliothek beeindruckt neben populärer Bollywood-Ware und ungewöhnlichen koreanischen Werken vor allem mit hochkarätigem Kino aus Japan. Mit der Reihe Nippon Classics macht der Verleih außergewöhnliche Vertreter der japanischen Filmgeschichte einem deutschen Publikum zugänglich. Einer dieser "Funde", der legendäre sechsteilige OKAMI-Zyklus, kommt nun zu Leinwandehren. Der streitbare und zugleich faszinierende Delinquent zeichnet sich durch wilde Montagetechnik, rasante Zooms und vor allem durch die eifrige Abbildung haarsträubender Gewalt aus.
Nach Vorlage des Kult-Mangas von Kazuo Koike und Goseki Kojima wird vom einstigen Scharfrichter des Shoguns erzählt, von Itto Ogami. Durch eine finstere Intrige verliert dieser Amt, Ehre und seine geliebte Frau. Wie es die Tradition will, soll er mit einem rituellen Selbstmord seine Familienehre wieder herstellen. Doch er entscheidet sich für das Leben und wählt - wie er es nennt - den Weg der Hölle. Unter dem Namen Okami durchstreift er als Auftragskiller Japan, begleitet von seinem winzigen Sohn Daigoro, den er in einem waffenstarrenden Wägelchen vor sich her schiebt. Okami wird erbarmungslos Rache üben am intriganten Klan der Yagyu und deren Helfern, die ihn seiner Existenz beraubten. Die Gegner sind vielfältig, nur vereint durch die Tatsache, daß ihr Lebenssaft in Fontänen spritzt, wenn sie dem einsamen Wolf und seinem Sohn begegnen.
Liefert sie äußerlich das imposante Historiengemälde von Japan im 17. Jahrhundert, wird die zumeist rote Farbpalette immer wieder von modernen Einflüssen durchzogen. Die musikalische Untermalung erinnert an die Blaxploitation-Ära von SHAFT und Co., während sich in der Figur des Vaters auf Rachepfaden die Nähe zu amerikanischen Revenge-Movies der 70er und 80er Jahre offenbart. Die zornige Auflehnung gegen starre Moral- und Ehrvorstellungen verhalf der Reihe zum sensationellen Erfolg und beeinflußte Generationen von Filmemachern.
Kein Wunder also, daß Quentin Tarantino sich mit KILL BILL tief vor den asiatischen Vorbildern verneigte. Sie mag mit viel Blut geschrieben sein, die Chronik von Okamis Rachefeldzug, doch es ist das wertvollste seiner Art - wahres Herzblut.
Originaltitel: KOZURE OKAMI
J 1972-74, je 90 min
Verleih: REM
Genre: Action, Historie
Darsteller: Tomisaburo Wakayama, Akihiro Tomikawa
Regie: Kenji Misumi, Buichi Saito, Yoshiyuki Kuroda
Kinostart: 17.08.06
[ Roman Klink ]