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Long Walk Home

Denn der Mensch heißt Mensch ...

Er wähnt sich auf der guten Seite, dieser unmenschliche Narr Neville, zuständig für die Belange der australischen Ureinwohner, die Aborigines.

Mit unbarmherziger Hand setzt das schmallippige Eisenherz Anfang der 30er Jahre die arrogante Rassenpolitik seines Landes um, indem er Kinder, die in Beziehungen zwischen weißen Landarbeitern und Aborigines-Frauen gezeugt wurden, den Familien entreißt. In Lagern will man sie "so weiß wie nur möglich" erziehen. Sie werden ausgebildet, sittlich sozialisiert, und sie lernen englisch. Natürlich warten auf die Kinder am Ende dieser unglaublichen Tortur keine Posten in den aufstrebenden Bürohäusern Sydneys, keine Sekretärsjobs in Melbourne. Nein, dafür sind sie natürlich nicht bestimmt. Putzfrauen, Hausmädchen und Landarbeiter sollen aus ihnen werden.

Eines Tages läßt Neville die 14jährige Molly und ihre halbwüchsige Schwester Daisy samt Cousine Gracie verschleppen. Geschrei, Wut und bittere Tränen - die Menschenfänger kennen dennoch keine Gnade. Molly findet den Mut, gemeinsam mit den zwei Mädchen aus dem Lager auszubrechen. Zur Orientierung für den langen Weg nach Hause bleibt ihr nur ein langer Zaun, der das gesamte Land durchläuft. Einst als Schutz vor der Kaninchenplage angelegt, könnte er jetzt der rettende Pfad in eine schwierige Freiheit sein. Doch schon bald wird ein unerbittlicher Spurensucher auf die Kinder angesetzt ...

Ein in Mark und Bein erschütternder Film, den der Australier Phillip Noyce nach einigen Hollywood-Gehversuchen in seiner Heimat gedreht hat. Noyce verfällt trotz dieser herzblutigen Thematik nicht in plumpe, sentimentale Stereotypien, viel mehr skizziert er am Rande seiner ergreifenden Geschichte um den unstillbaren Hunger und das verdammte Recht auf Würde und Freiheit ein traurig stimmendes Opfer-Porträt. Auch wenn die Mädchen schwächer sind, auch wenn ihnen wahres Unrecht widerfährt, der wirklich armselige Tor, der menschliche Versager ist Neville, Aushängeschild und Kamikaze-Soldat einer rassistischen Regierung.

Natürlich setzt Noyce auch auf die großen dunklen traurigen Augen der Mädchen, hält bizarre Landschaften in der betörenden Klangkulisse von Peter Gabriels Musik fest. Dennoch verkommt die Form niemals zum plumpen Selbstzweck. Vielmehr wird dadurch untermauert, daß die Freiheit aller Geschöpfe an sich ein Naturgesetz ist. Ein kühner und ein kluger Vorstoß.

Originaltitel: RABBIT-PROOF FENCE

Australien 2002, 96 min
Verleih: Arsenal

Genre: Drama, Schicksal

Darsteller: Everlyn Sampi, Tianna Sansbury, Laura Monaghan

Regie: Phillip Noyce

Kinostart: 29.05.03

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.