Geschmunzelt, gemocht, vergessen. So würde die Kurzzusammenfassung des Autors lauten, sollte er sein Kinoerlebnis kompakt beschreiben. Was ja, zumindest auf die beiden ersten Tätigkeiten und Empfindungen bezogen, schon mal viel mehr ist, als man(n) es gemeinhin bei einer Jane-Austen-Adaption erwarten würde. Insofern dürfen Fans der unverwüstlichen Romantiklieferantin da gerne aufs Vergessen verzichten und nicht bloß mögen, sondern lieben, während sie lachen statt grienen.
Also dann, Vorhang auf für Lady Susan, eine schöne und halbwegs junge Witwe inklusive Tochter, dafür nach Rausschmiß ohne Bleibe. Es liegt deswegen nahe, wohlhabendes Mannsvolk zu bezirzen, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – Nachwuchs unter der Haube plus eigene finanzielle Absicherung. Und apropos Klappe: Susan weiß selbige einzusetzen, sie zischt, ätzt, intrigiert, stets der Situation sowie dem Ziel verhaftet.
Da spielt sich Kate Beckinsale aus dem UNDERWORLD-Dunstkreis frei, beweist darstellerisches Talent, welches gegen Chloë Sevigny (in wichtiger Position) oder Stephen Fry (in winziger, unbedeutender und trotzdem anbetungswürdig arrogant gegebener Nebenrolle) mühelos besteht. Beckinsale läßt diese mindestens doppel- und dreifachzüngige Figur tatsächlich regelrecht schillern, macht Blasiertheit super sympathisch und überflügelt die Herren intellektuell meilenweit. Kein Wunder allerdings, wenn der zukünftige Gatte bereits angesichts gereichter Erbsen in nahezu ekstatische Euphorie verfällt.
Das hat wenig echte satirische Basis und so gut wie nix mit zeitlosen Entlarvungen à la GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN zu tun, der Schwerpunkt liegt auf reiner Komödie, und das Pressematerial scheint erfreut, sie „frech“ nennen zu dürfen. Nun schwebt bei diesem Attribut am inneren Auge irgendwie selbstverständlich ein kleines, gern rothaariges, zahnlückenbewehrtes Mädchen vorbei, das Erwachsene quiekend in die Seite piekt oder sonstigen milden, von Opferseite nachsichtig lächelnd akzeptierten Unfug treibt. Benutzt, wie hier ja geschehen, die Beschreibung eines Films jenen Ausdruck, läuft’s meist auf ähnlich harmlos-nette, keinerlei Denkschmerzen oder Fall in geistige Abgründe provozierende Unterhaltung hinaus.
Was letztlich jetzt erneut stimmt und das Publikum darum bekommt. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Originalfassung natürlich bevorzugt!
Originaltitel: LOVE & FRIENDSHIP
Irland/NL/F/USA 2016, 93 min
FSK 0
Verleih: KSM
Genre: Komödie, Literaturverfilmung
Darsteller: Kate Beckinsale, Chloë Sevigny, Xavier Samuel, Stephen Fry
Stab:
Regie: Whit Stillman
Drehbuch: Whit Stillman
Kinostart: 29.12.16
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...