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Love Me

Mit Freud und Elvis ins Graceland der Psyche

Wie einen Thriller läßt Laetitia Masson ihren Film beginnen und legt doch lediglich die diffuse Spur eines Roadtrips in den Kopf, bei dem alles scheinbar Wirkliche in erzählerischen Sackgassen zerschellt. Ein Mädchen wird aus einem katholischen Kinderheim entführt, ein waschechter Teenie, aufsässig und vorlaut, das Poster des Rockstars Lennox an der Zimmerwand, den Musiker mit den Augen und seine Elvis-Interpretationen mit den Ohren verschlingend. Die wachende Erzieherin bleibt von der Kugel des wortkargen Kidnappers niedergestreckt zurück.

Doch das Mädchen ist schon verschwommene Erinnerung, Vergangenheit einer erwachsenen Frau, die in der seltsam zeitlich und räumlich entrückten Anfangssequenz gezeigt wird. Selbstvergessen und im unschuldig-obszönen Rosa der 50er Jahre trällert sie "Love me" ins gierige Kamera-Auge, das sich nach jeder Szene abrupt schließt und die Leinwand für einen Moment tief schwarz zurückläßt. Masson zelebriert Biographie als Diashow, bei der die Bilder durcheinandergekommen und die Beschriftungen verblaßt sind. Gabrielle Rose - erst spät erinnert sie sich an ihren Namen - irrt durch die Neon-Nacht einer Großstadt, wo sie ihren Star Lennox trifft, ihn bedrängt und um seine Zuneigung bettelt, fordernd wie das Mädchen, dem sie noch immer ähnelt, das sie immer noch ist, ebenso verfolgt vom stoischen Killer. Dazwischen die Fata Morgana der Mutter - die verwirrende Zweiheit von Teenager und träumender Frau wuchert zur heiligen, weiblichen Trinität.

Doch bei aller Faszination für Massons kompliziertes, artifizielles Spiel der Identitäten - der Reiz erschöpft sich schnell, besonders weil eher der Kopf als das Herz in Schwingungen versetzt ist. Die Neugier auf das, was sich hinter der nächsten Tür verbirgt wird totgeschlagen, denn der Schlüssel des Rätsels ist so abgenutzt, daß er einfach überall paßt: Lennox, unerreichbar und angebetet wie der unbekannte Vater, flüchtige Visionen der Mutter, die einst vor dem Mädchen floh - die Zwänge einer etwas grob verstandenen Psyche wirken unerbittlich, bis selbst der Killer/Entführer/Verfolger Aufenthaltsrecht jenseits gespenstischer Phantasien erhält.

Originaltitel: LOVE ME

F 2000, 107 min
Verleih: Kool

Genre: Drama

Darsteller: Sandrine Kiberlain, Johnny Hallyday, Julie Depardieu, Julian Sands

Stab:
Regie: Laetitia Masson
Drehbuch: Laetitia Masson

Kinostart: 31.05.01

[ Sylvia Görke ]