Originaltitel: A LOVE SONG FOR BOBBY LONG
USA 2004, 119 min
Verleih: Tobis
Genre: Drama, Erwachsenwerden
Darsteller: John Travolta, Scarlett Johansson, Gabriel Macht
Regie: Shainee Gabel
Kinostart: 21.07.05
New Orleans: Bobby Long, ein weißhaariger Alter, zündet sich genußvoll eine letzte Zigarette an, bevor er nach einer langen Nacht den Tresen loslassen und in das gleißende Licht des Vormittags hinaus schlurfen muß. Zur gleichen Zeit lümmelt die 17jährige Purcy irgendwo in Florida zwischen Chipstüten und Pappbechern auf einem Sofa herum. Als ihr Freund heimkommt und ihr eher beiläufig mitteilt, daß ihre Mutter gestorben ist, kommt Purcy endlich in Fahrt, packt ihre Sachen, kehrt dem Typen den Rücken und macht sich auf zur Beerdigung ihrer Mutter ...
Regisseurin Shainee Gabel legt bei der Einführung ihrer Protagonisten ein schönes Tempo vor, und so treffen sie schon nach ein paar Filmminuten aufeinander, und die Geschichte kann ihren Lauf nehmen: Purcy verpaßt die Beerdigung um einen Tag und muß feststellen, daß das Haus ihrer Mutter - inzwischen ziemlich heruntergekommen - bewohnt ist. Bobby Long, ehemals Literaturprofessor, und sein jugendlicher Schützling Lawson Pines haben sich dort niedergelassen. Die beiden behaupten, an einem Buch zu arbeiten. Als Purcy sich entscheidet, zu bleiben, zieht sie sich vor allem die Unbill des Alten zu. Der fühlt sich durch sie in seiner wenig arbeitsamen, sondern vornehmlich feucht-fröhlichen Idylle gestört. Mehr schlecht als recht gewöhnen sich die Mitglieder der seltsamen 3er WG nach und nach aneinander, nicht ahnend zunächst, daß ihnen die Offenbarung großer Geheimnisse ins Haus steht ...
Daß John Travolta alias Bobby Long wieder singen darf, ist nebensächlich. Er tut es eben. Erwähnenswert ist, wie er in der Rolle des klapprig-zänkischen und zynischen Opas daherkommt und dabei auch die andere Seite der Figur, das Einsame und Empfindsame, darzustellen vermag. Travolta gelingt dies überzeugend, mit Ernsthaftigkeit und mit Humor. Auch der dramatische Widerpart Bobby Longs, Purcy, ist mit einer unprätentiös-souveränen Scarlett Johansson hervorragend besetzt. Die Story allerdings macht es den beiden bisweilen schwer und steuert eine zu abrupte Auflösung an, was den Film in die gefährliche Nähe zur Seifenoper geraten läßt. Gegen diesen Eindruck kommen auch die schöne Idee eines Zitates der Anfangsszene am Ende und die auffallende Bildästhetik des Films nicht ganz an.
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.