Originaltitel: LOVING HIGHSMITH

CH/D 2021, 84 min
FSK 12
Verleih: Salzgeber

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Eva Vitija

Kinostart: 07.04.22

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Loving Highsmith

Es gilt das geschriebene Wort

Basierend auf den erst im Jahr 2021 veröffentlichten Tagebüchern von Patricia Highsmith, die nach ihrem Tod im Wandschrank ihres letzten Domizils im Tessin gefunden wurden, entwirft Regisseurin Eva Vitija ihre ganz persönliche Liebeserklärung an die amerikanische Bestsellerautorin. Highsmith war besessen von Liebe, Sex und dem Schreiben, und Vitija läßt einige ihrer Geliebten zu Wort kommen: die Schriftstellerin Marijane Meaker, die Berliner Underground-Ikone Tabea Blumenschein und Monique Buffet, die Highsmith über die schmerzliche Trennung von Blumenschein hinweghalf.

Alle zeichnen ein wesentlich sanfteres Bild der Autorin, als es sich in ihren eigenen Aufzeichnungen finden läßt – weniger selbstzerstörerisch, misogyn und radikal. Vielleicht gerät deshalb Vitijas filmische Künstlerinnenbiographie auch zahmer, als es die talentierte Mrs. Highsmith eigentlich war. Auch auf bildsprachlicher Ebene werden keine überraschenden oder gar abgründigen Assoziationsketten hergestellt. Dafür taugt das Porträt gut als Einstieg, um sich mit Highsmith (neu) zu befassen und selbst zu erforschen, inwieweit Autorin und Werk psychologisch verkantet sind.

Zunächst werden Lebensknotenpunkte wie die schwierige Abhängigkeit von ihrer Mutter aufgeführt, auch die Unmöglichkeit, der texanischen Familie ihre Homosexualität zu enthüllen, das Leben als lesbisches, selbstbewußtes Partygirl in New York, der Selbstversuch, sich doch noch „in einen Zustand zu versetzen, geheiratet zu werden“, die Aufenthalte in Europa, immer verknüpft mit den jeweiligen Frauen in ihrem Leben.

Vitija bedient sich dabei großzügig im Archiv: Fotos, Interviews, Ausschnitte aus Filmen, beruhend auf Highsmiths Büchern. Und immer wieder Zitate aus den Tagebüchern, oft aus dem Off von der Regie ergänzt. Mit zunehmendem Alter wird der nicht auflösbare Konflikt sichtbarer, an dem sich Highsmith zeitlebens aufrieb, nämlich Liebe und exzessives Schreiben zu verbinden: „Das Schreiben ist natürlich ein Ersatz für das Leben, das ich nicht leben kann, das zu leben ich nicht in der Lage bin.“

Highsmiths verstörend klar geäußerter Rassismus und Antisemitismus, die schon in den Tagebüchern editiert wurden, weil man ihnen, so im Vorwort zu lesen, keine Bühne geben wolle, sind Vitija nur eine sehr kurze Sequenz im Film wert. Seine eigenen Heldinnen auch zu entthronen, wo es nötig ist, ist aber Aufgabe der Kunst. Highsmith selbst hätte sich nie zensiert.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...