Jenseits der brillant ausgeleuchteten, von Schnitten getriebenen, atmosphärisch ausgemalten Mainstreamthriller kämpfen Genreterroristen um ihr Recht auf Publikum. Darren Aronowsky oder Alejandro Amenábar inszenierten, ganz wie die Budget-verwöhnten Kollegen, Paranoia, Raffinesse und Suspense - nur eben anders, weniger glatt, weniger eingängig. Auch der Schweizer Romed Wyder wählt einen besonderen Zugang zum Spannungskino und verweigert sich mit seiner tageslichthellen, unprätentiösen Bildersprache den Gepflogenheiten.
Angeregt von verbürgten Ereignissen um den Weltwirtschaftsgipfel des Jahres 2000, die im ungewöhnlichen Dokumentar-Epilog von einer anonymen Zeugin bestätigt werden, wird hier die Geschichte eines (unblutigen) Terroranschlags auf das Machtsystem der Globalisierung entwickelt. Hacker Alex will das Großtreffen der Welthandelsgewinnler mit einem Virenangriff auf das Computersystem der Weltbank verhindern. Seit Jahren in die Putzkolonne des Konzerns eingeschleust, warten er und seine Freunde auf den entscheidenden Augenblick. Und dann wacht Alex im Krankenhaus auf. Ein Autounfall, gut. Aber was war davor? Hat er die Aufgabe erfüllt, sucht man ihn schon, ist er verraten, und gibt es überhaupt etwas zu verraten?
Der politische Impetus der Rahmenhandlung bleibt zweitrangig - trotz subtil aufgezeigter Verwandtschaft von Geld und Gewissen. Nicht die Verwundbarkeit der Macht, sondern die beängstigende Lücke in Alex’ Erinnerungsvermögen ist der Motor dieses Films. Die Wiederholungen von Szenen und Bildern, die leichten Verschiebungen zwischen Vision und Wirklichkeit, die sie generiert, diktieren den Rhythmus. Allerdings fehlen Wyder die dramaturgische Phantasie, die Eleganz, die Wendigkeit, vielleicht letztlich doch das nötige Budget, um aus dieser nicht neuen, aber immer noch aufregenden Struktur Kapital zu schlagen.
Dennoch vermag er es, mit einfachen Mitteln, einem geradezu septischen Licht und narrativen Auslassungen eine seltsam alltäglich anmutende Bedrohungskulisse aufzubauen. Alles und jeder wird letztlich verdächtig, auch das Personal des Krankenhauses ...
Originaltitel: ABSOLUT
CH/D 2004, 94 min
Verleih: Neue Visionen
Genre: Thriller, Polit
Darsteller: Vincent Bonillo, Irene Godel, François Nadin, Delphine Lanza
Stab:
Regie: Romed Wyder
Drehbuch: Romed Wyder
Kinostart: 08.12.05
[ Sylvia Görke ]