Schon vor rund zehn Jahren hat sich der gebürtige Haitianer Raoul Peck in seinem dokumentarisch-essayistischen LUMUMBA - TOD DES PROPHETEN mit dieser fast mythischen Figur der Entkolonialisierung Afrikas auseinandergesetzt. Noch immer sind die Umstände der Ermordung des Patrice Emery Lumumba nicht vollständig aufgeklärt, doch im vergangenen Jahr wurden die Untersuchungen erneut aufgenommen, und es scheint, als seien die ehemaligen belgischen Kolonialherren weitaus tiefer in die Sache verwickelt als bisher angenommen.
Vielleicht gaben diese neuen Erkenntnisse für Peck den Anlaß, das nach wie vor heikle Thema noch einmal aufzugreifen, diesmal in Form eines Spielfilms. Geschildert werden die Ereignisse um die Unabhängigkeit Belgisch-Kongos 1960 und die nur wenige Monate dauernde Amtszeit des ersten Ministerpräsidenten Lumumba bis zu seinem Tod 1961. Peck legt es nicht darauf an, das Geflecht aus Intrigen und Verrat zum leicht überschaubaren Tableau zu entwirren - Freund und Feind sind für den Zuschauer so schwer unterscheidbar, wie sie es für Lumumba gewesen sein müssen. Diese Differenziertheit ist wohltuend, auch um den Preis, daß ihr dramatische Spannung und Emotionalität stellenweise zum Opfer fallen.
Doch obwohl der Mensch Lumumba hier eher politische Figur als Privatperson bleibt, zerrieben zwischen den Interessen der Großmächte des Kalten Krieges, verblüfft vom überschäumenden, unbezähmbaren Haß über Jahre gedemütigter afrikanischer Landsleute, stehen der filmischen Chronik eines politischen Kampfes auch Szenen von grausamer Anschaulichkeit gegenüber. Stark vor allem die Anfangssequenz, in der die Leichen des Ermordeten und seiner Gefährten aus ihrem anonymen Grab in die afrikanische Nacht gezerrt werden, wo man sie in Stücke zerlegt, um sie restlos im Feuer vernichten zu können. Lumumbas Stimme aus dem Off: " Selbst tot werde ich ihnen noch Angst machen."
Originaltitel: LUMUMBA
F/Belgien/Haiti/D 2000, 112 min
Verleih: EZEF
Genre: Biographie, Drama
Darsteller: Eriq Ebouaney, Alex Descas, Maka Kotto
Regie: Raoul Peck
Kinostart: 04.10.01
[ Sylvia Görke ]