Originaltitel: MACBETH
GB/F/USA 2015, 113 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal
Genre: Literaturverfilmung, Drama
Darsteller: Michael Fassbender, Marion Cotillard, David Thewlis, Paddy Considine, Sean Harris
Regie: Justin Kurzel
Kinostart: 29.10.15
Es gibt unzählige filmische Adaptionen des MACBETH-Stoffes. Meisterwerke inklusive. Und doch wäre die Frage, warum jetzt ein weiteres Mal diese in Grausamkeit und Düsternis getränkte Geschichte für die Leinwand aufbereitet wird, reine Rhetorik.
Das Kino, so belehrte einmal der gern belehrende Dramatiker und Dichter Peter Hacks, zähle zu den epischen Gattungen, es habe mehr mit dem Roman als mit dem Drama zu tun. Was natürlich richtig ist. Und in Umkehrung bedeutet, daß die Verfilmung eines Theaterstücks sich immer auch an einer Quadratur des Kreises versucht. Also an etwas, das auch im Gelungenen nie gänzlich darüber hinwegzutäuschen vermag, daß zwei verschiedene Formsprachen kompatibel gemacht werden sollten, die eben nur bedingt kompatibel sind.
Bei MACBETH ist das etwas anders. Das Stück von Aufstieg und Fall des Titelhelden, dessen Wandel vom loyalen Heerführer zum brutalen Tyrannen samt anschließendem Untergang, schnurrt mit der Stringenz einer Pulp-Story daher. Daß die dramatische Mechanik reichlich mit dem dafür besten aller Schmiermittel (Blut) am Laufen gehalten wird, tut sein übriges: Nach siegreicher Schlacht prophezeien die Schicksalsmächte in Erscheinung dreier Hexen Macbeth eine Zukunft in königlicher Macht und Größe. Und träufeln somit das mörderische Gift des Ehrgeizes in Hirn und Herz dieses Mannes. Daß dessen Frau dieses Gift wenig später entscheidend zum Kochen bringen wird, ändert nichts daran, daß hier Macbeth der Mensch ist, der zum Monstrum wird. Und gerade in seiner Monstrosität ganz und gar als Mensch begreifbar bleibt.
Was freilich nur einer der entscheidenden Aspekte ist, die den Unterschied zwischen „Pulp“, also zwischen Schund, und eben Shakespeare markieren. Ein weiterer ist natürlich die Sprache. Diese gutturale Poesie, melodisch pulsierend, kunstvoll und erdig zugleich. Und es ist ein Ereignis, wie Michael Fassbender in der Titelrolle das spricht. Prägnant, wölfisch lauernd und mit einer stillen Abgründigkeit, in der von Anfang an eigentümliche Resignation schwingt. Und nur nebenbei: All das geht, ohne ein einziges Mal zu brüllen (für deutsche Theatermacher sollte allein deshalb schon der Kinobesuch Pflichtveranstaltung werden).
Unbedingt also gilt es, so möglich, eine OmU-Fassung des Films anzusehen. Das Drehbuch hat dabei den Theatertext so selbstbewußt wie klug gekürzt. Dem Medium Film Rechnung tragend und dem Fokus, auf den Regisseur Justin Kurzels Inszenierung sich richtet. Daß etwa humoristische Einsprengsel, wie der berühmte Monolog des Torwächters, wegfielen, mag nur der Purist bedauern.
Kurzel läßt gekonnt ein düsteres Frühmittelalter-Schottland erstehen. Baut Szenerien, in denen selbst unmittelbarster Realismus immer auch etwas von einem Alptraumgespinst hat. Martialisch sind da die Kämpfe und zugleich mit gespenstischen Ruhepunkten durchsetzt. Und faszinierend ist, wie hier Prophezeiungen, Visionen, Wahnsinn, Gewalt geradezu organisch aus den weiten Nebellandschaften zu wachsen scheinen. Darin der Mensch verloren klein – gerade im Glauben an die eigene Größe. Es sind solche Momente, in denen das Epische und Dramatische ganz selbstverständlich verschmelzen. Zeigend, wie wunderbar Kino und Shakespeare zusammengehen können.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.