Originaltitel: AURORE

F 2017, 89 min
FSK 0
Verleih: Tiberius

Genre: Tragikomödie, Poesie

Darsteller: Agnès Jaoui, Pascale Arbillot

Regie: Blandine Lenoir

Kinostart: 26.04.18

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Madame Aurora und der Duft von Frühling

Mach’ mal Menopause!

Schon spannend: Mango und Tomate trifft im Daseinsverlauf das Klimakterium, Ananas und Brechbohne hingegen nicht. Jetzt wünschen sich wahrscheinlich viele Leserinnen sehnlich, eine Brechbohne zu sein, obwohl wir über ein völlig anderes Klimakterium als das humane reden, welches die Wechseljahre meint. Selbige setzen just bei Titelheldin Aurora ein, schnuppert sie also den Duft von Frühling, bezeichnet das ihren zweiten. Mindestens.

Zur wallenden Hitze gesellen sich Jobverlust und eine schwangere Tochter, deren hormonell bedingte Stimmungsschwankungszickigkeit der Auroras lässig auf Augenhöhe begegnet. An dieser Stelle schwenkt nun vermutlich sogar der standhafteste Mann angstergriffen zum nächsten Text über, daher nochmals ein herzliches Hallo den Damen und sogleich enthüllt, daß Aurora virile Freuden ins Haus stehen. Zufällig taucht nämlich Christophe wieder auf, die optisch bestens gereifte Jugendliebe, dazu keine ganz schlechte Partie, verrichtet er doch Dienst im örtlichen Krankenhaus, und wenn die Zipperlein anfangen, können solche Kontakte ja kaum was schaden, korrekt? Andererseits ist man bekanntlich immer bloß so alt, wie es das Gefühl vorgibt, und das brodelt heiß in Aurora, die offenbar bereits mehrere Leben absolviert hat. Darunter eins für den Ex-Mann, natürlich ein weiteres dem Nachwuchs gewidmet, die eigenen Bedürfnisse blieben häufig am Wegesrand liegen und wurden vergessen. Schluß damit – oder?

Ein tiefer Griff ins pralle Leben, eine hinreißende Ode an alles Weibliche sowie Schönheit in der Falte, ein Stück feinster Schauspielerei (dem es souverän glückt, die relativ sterile, vernehmlich nach Studio klingende Synchronisation zu überstrahlen), ein sarkastisches Sittenbild moderner Zeiten, in denen es angeraten scheint, stets „mit dem Move zu gehen“; nur einige aus manchen seitens unserer Madame offerierten Deutungsarten mehr. Falls es überhaupt irgendeiner Interpretation bedarf – warum nicht einfach zusehen, genießen, sich mitreißen lassen? Der wundervollen Agnès „Aurora“ Jaoui sein Herz schenken, auf daß sie es fast demoliere (vorher aber erwärme) beim einsamen Tanz mit sich selbst? Ob singendes Servicepersonal oder Klänge eines Uterus’: Im Fluß zwischen humorvoll, poetisch und fein melancholisch läßt jener späte Frauenfrühling behutsame Alltags-Arrangements zu wahrhaftigen Filmgeschenken erblühen.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...