• Meinungen

Makellos

Schräg-melancholisches Schauspielerduell

Walt ist ein ziemlich reaktionärer Ex-Cop und wohnt zu seinem Unbehagen mit einem ganzen Haufen schriller Drag Queens in Nachbarschaft.

Gerade mit Rusty, einer etwas beleibten und nicht zimperlichen Drag, die sich ihren Unterhalt mit musikalischen Revuenummern verdient, legt sich der spießige Walt besonders ausfällig an. Den Alltag bestimmen gegenseitige

Haßtiraden und Beleidungen von der verfickten Schwuchtel bis zum faschistischen Obernazi. Nicht gerade harmonisch. Doch dann steigen finstere Ganoven in das heruntergekommene Haus ein, um mit einigen Bewohnern offene Rechnungen zu begleichen. Als Walt Schüsse hört, greift er gewohnheitsbedingt zum Colt und schleicht sich ins Treppenhaus. Auf halbem Wege erleidet er einen Schlaganfall und wird kurze Zeit später aus dem Krankenhaus entlassen. Halbseitig gelähmt. Sein Therapeut empfiehlt ihm Gesangsunterricht. Walt erinnert sich an das sperrige Klavierspiel und die Tonleiternerverei seiner Nachbarin.Eines Tages klopft er an Rustys Tür...

Natürlich arbeitet Joel Schumacher auch in seinem schön-schrägen Film mit Klischees und leicht überholten Auffassungen, darüber wie Drags, Tunten und Freaks nun wirklich sind. Aber das spielt nicht die große Rolle, denn es sind vor allem die ruhigen Zwischentöne in der Annnäherung zwei so grundverschiedener Menschen, die überzeugend gelingen.

Sehr feinfühlig und dennoch mit derbem Humor läßt er die zwei Charaktere aufeinander losgehen. So unterschiedlich sie sind, so viel eint sie auch: Walt ist seit seiner Pensionierung und mit der Lähmung erst recht sehr einsam und auch Rusty muß seinen cholerischen Hetero-Liebhaber finanziell aushalten, damit er wenigstens für ein paar Momente der Einsamkeit entfliehen kann.

Auch das schauspielerische Duett funktioniert bestens, wobei Philip Seymor Hoffmann in seinem authentischen, fein nuancierten Spiel als Rusty dem Veteran De Niro doch um einige Längen voraus ist.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.