Originaltitel: MANIFESTO
D/Australien 2015, 95 min
FSK 0
Verleih: DCM
Genre: Experimentalfilm, Tragikomödie
Darsteller: Cate Blanchett
Stab:
Regie: Julian Rosefeldt
Drehbuch: Julian Rosefeldt
Produktion: Julian Rosefeldt
Kinostart: 23.11.17
Daß dieses zum Film gewordene Experiment erst Ausstellung/Installation war, begleitet jede Sekunde: kühl komponierte Videoaufnahmen, weder wirklich dissonant noch direkt melodische Klangmontagen, fast provokativ gedehnte Bilder, hier und dort futuristische Settings. Mittendrin Cate Blanchett. Cate, die Geniale. Die Wandlungsfähige. Die Göttin – selbst als schmucklose Müllverbrennungsanlagenarbeiterin.
Nur eins aus 13 Rollenporträts, die wir in anderthalb Stunden sehen. Wobei der jeweilige Charakter eigentlich bloß Hülle bleibt, auf seinen Mund reduziert, aus dem Manifeste (re-)zitiert werden. Karl Marx und Friedrich Engels, Wassily Kandinsky, Alexander Rodchenko, Yvonne Rainer, aber auch Jim Jarmusch oder Lars von Trier leiht Blanchett die enorm facettenreiche Stimme, beherrscht leise Zurückgenommenheit ebenso wie schreiende Enthemmung, während sie neben politischen Niederlegungen Einblicke in beispielsweise Futurismus, Dadaismus, Fluxus, Suprematismus gewährt. Zwangsläufig ohne konkrete narrative Struktur, gereiht und einander in den Ideen teils reibend, von 1848 bis 2004 spannt sich der textliche Bogen. Was immer dann am interessantesten wirkt, wenn zwischen Inhalt und Rahmenhandlung möglichst große Diskrepanz klafft. Höhepunkt solcher klug inszenierten Gegensätzlichkeit: Eine Nachrichtensprecherin und die für Außenkorrespondenz zuständige Kollegin diskutieren per Liveschalte über Kunst. Weit weniger Originalität haftet hingegen dem Einfall an, Blanchett zum „Manifest der Kommunistischen Partei“-Segment im Obdachlosenoutfit durch eine verlassene, zerfallende Welt voller moderner Ruinen ziehen zu lassen.
„Wir haben viel gelacht“, kommentiert Regisseur/Autor/Produzent Julian Rosefeldt, und man mag es gern glauben, weil quasi hintenrum, durch die Brust ins Hirn, häufig gewisses Augenzwinkern blinzelt, leichter Wahnwitz, böse Entlarvung. Und das meint nicht allein ausgestopfes Getier im Wohnraum einer konservativen Durchschnittsfamilie, welche übrigens aus Blanchetts realem Gatten und Kindern besteht. Bitterhumor, die wütenderen Autoren dabei unterstützend, sich – einer mehrerer roter Fäden innerhalb der dargebotenen Manifeste – an der Jetzt-Situation zu entzünden, lodernd zu brennen. Leidenschaft, die Blanchett gleichermaßen bündelt sowie kanalisiert, uns im mindestens doppelten Sinn den herausgeforderten, schwirrenden, vor ihr demütig sinkenden Kopf verdreht.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...