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Marabus

Kein Ort nirgends

Im Schloß seiner Eltern, wohlbehütet, vom Leben abgeschirmt und von Kindermädchen, Hauslehrern und Bediensteten umsorgt, wächst Nicolas mit seinen Geschwistern im versnobten Klima der Großbourgeoisie auf. Die Mutter ist eine wilde Geschäftsfrau, der Vater einsamer Alkoholiker. Das Leben sucht der zwanzigjährige Nicolas in der nahegelegenen Stadt Paris. Neugierig auf die andere Welt, findet er seine Freunde in den Bettlern und Vagabunden des Viertels. Mit ihnen verbringt er die Tage, wenn er nicht gerade in Bistros als Tellerwäscher oder Fensterputzer arbeitet. Unglücklich verliebt sich Nicolas in Paulette. Die aber liebt Gaston, einen Möchtegern, der in kleinen Verhältnissen aufgewachsen ist und sich gerade nach dem Leben sehnt, das Nicolas nicht leben will. Eines Abends schließt sich Nicolas bei einem etwas riskanteren Abenteuer seinen vermeintlichen Freunden an und landet mit Pierre, dem Bettler, im Gefängnis.

Ein Jahr später, zur Entlassung von Nicolas, läßt Mama, die ihren Sohn in der Not gewiß nicht vergessen hat, ein herrschaftliches Auto bringen. Nicolas kehrt in sein altes Viertel zurück, doch alles hat sich verändert. Bedrückt fährt er zum Haus seiner Eltern und kommt dort genau in dem Moment an, als sein Vater mit seinem Clochard-Freund aus der Enge flüchtet - in einem Boot hinaus auf das offene, unendlich tiefblaue Meer.

"Leb wohl, festes Land" ist ein Seemannsspruch, den Otar Iosseliani für seinen poetischen Film als Leitmotiv nutzt. Wie zufällig beobachtet er die Menschen in Nicolas Viertel und zaubert absurd schöne Geschichten um verliebte Herumtreiber, Händler, Kleinbürger und Ganoven. Sie alle, ob reich oder arm, sind auf der Suche nach dem Platz an der Sonne. Dabei ist es so, daß sich die Armen das Leben der Reichen köstlich vorstellen. Die Reichen wiederum denken die Armen führten ein glückliches, sorgloses, freies Leben.

Bei Iosseliani erfüllen sich selten Träume, doch er erzählt die verrücktesten Entwicklungen seiner Helden, und denen zuzuschauen macht großen Spaß.

Originaltitel: ADIEU PLANCHER DES VACHES

F 1999, 117 min
Verleih: Arsenal

Genre: Tragikomödie, Schicksal

Darsteller: Nico Tarielashvili, Lily Lavina

Regie: Otar Iosseliani

Kinostart: 12.10.00

[ Mathilda Bergman ]