Originaltitel: MARY MAGDALENE
GB 2018, 120 min
FSK 12
Verleih: Universal
Genre: Biographie, Historie, Drama
Darsteller: Rooney Mara, Joaquin Phoenix
Regie: Garth Davis
Kinostart: 15.03.18
Abgesehen davon, daß Sandra zum 30 Jahre alten Vollplayback heute noch mit dünner Stimme versichert, niemals Maria Magdalena zu sein: Was weiß man als nicht unbedingt bibelfester Mensch eigentlich über die neutestamentarische Dame? In anderen Filmen saß sie ja hauptsächlich schweigend rum und sah im Falle Monica Belluccis dazu natürlich sexy aus, was uns indirekt zum Mythos der Hure bringt – klarer Fall von „Wieder mal nicht richtig aufgepaßt“, der unhinterfragt Maria und eine namenlose „Sünderin“ subsummiert.
Es besteht also offenbar erhöhter Klärungsbedarf, was sowohl Plakat („Ihre Geschichte muß erzählt werden.“) als auch final Maria selbst („Ich werde gehört werden!“) meinen. Dann nix wie los, Augen geöffnet und Ohren gespitzt, um gleich zu erleben, wie gut sich die 2016 – Kirchenmühlen mahlen halt sehr, sehr langsam – offiziell zur Apostelin Berufene vorerst als Geburtshelferin schlägt. Parallel verweigert Maria jegliche Heirat und zeigt sonstige unabhängige Tendenzen, was innerfamiliär zunächst zu wüsten Beschimpfungen bezüglich Schande etc. führt, bevor ein Exorzismus folgt. Ein kleiner, eher unentschlossener zwar, er reicht allerdings aus, Marias Verweigerungs-Ader erst recht gewaltig pochen zu lassen, weswegen sie sich Jesus anschließt, den Joaquin Phoenix als dauersalbadernden Verfechter totaler Vergebung spielt, während Rooney Maras Interpretation der Maria auf gegensätzlicher Charakterisierung basiert: einerseits nach außen getragene Sanftheit und stetes Tränenglitzern im Augenwinkel, andererseits viel entschlossenes Rumgerenne sowie lautstarkes Rufen. Hmmm ...
Falls Sie eine Feministin – bestenfalls mit christlichem Religionshintergrund – sind, begegnen Sie jener emanzipatorisch überdachten, ansonsten brav runtergebeteten Glaubensdarbringung wahrscheinlich in schwesterlicher Nachsicht, sehen über einiges hinweg und begleiten Maria gern auf allen Wegen. Dem Rest gehen sie hingegen wohl schnell auf den geistigen Senkel, die omnipräsent an den Nerven sägende Klagemusik, unterforderten Darsteller (größtes Mitgefühl gilt einem bis zur Unkenntlichkeit verkleideten und niedergedrückt agierenden Tchéky Karyo) oder zur unfreiwilligen Komik gereichenden Dialoge: „Wir sind Frauen. Unser Leben gehört uns nicht.“ – „Euer Geist gehört Euch.“ Immerhin.
Der peinlichen Akustik zur Seite steht adäquate Optik: Wo Regisseur Garth Davis in LION seine Vergangenheit als Werbefilmer gelungen nutzen konnte, gerät das Händchen für schicke Bilder hier zum lahmenden Pferdefuß inklusive Hang zu altertümelnd grauem Sepia-Schleier. Darin beispielsweise Jesus am Kreuz, unpassend hübsch eingefangener Schattenwurf am Boden, ein weiterer Schatten tritt hinzu, Blende, Maria mit – logisch – Träne auf der Wange ... Zwei Männer, welche nebeneinander liegen und sich ganz lange ganz tief in die feucht glitzernden Augen schauen – kein Vorstoß in Sachen überfälliger Akzeptanz homosexueller Liebe, nein, Jesus erweckt nur gerade einen Toten ...
Die Liste dessen, was nicht zueinander paßt, rumpelt und auf emotionaler Ebene statt tiefer Berührung maximal Fremdscham erlaubt, ließe sich fortsetzen. Wir brechen indes ab und konstatieren: Ob nun die stumm festgetackerte Maria von einst oder ihr hiesiges Pendant voller ziellos entfalteter hektischer Aktivität, im Ergebnis hat sie beides nicht verdient, und ihre Persönlichkeit schlummert unverändert im Verborgenen. Vielleicht soll’s einfach so sein ...
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...