Originaltitel: MARY QUEEN OF SCOTS
GB 2018, 124 min
FSK 12
Verleih: Universal
Genre: Historie, Drama, Biographie
Darsteller: Saoirse Ronan, Margot Robbie, Gemma Chan, David Tennant, Brendan Coyle
Regie: Josie Rourke
Kinostart: 17.01.19
Ob aus eigenem Antrieb, über Sichtung eines der geschätzt 172 früheren Filme, Schillers Bühnenstück oder per Informationsübermittlung historienwütiger Anverwandter: Irgendwie kam man sicher schon mit Maria Stuarts Schicksal in Berührung. Kenntnisse den Glaubenskrieg Katholiken kontra Protestanten, Thronansprüche, Heinrich VIII. und natürlich den zentralen Konflikt Maria Stuart versus Elisabeth I. betreffend werden daher an dieser Stelle vorausgesetzt. Auch von Regisseurin Josie Rourke, die – wohl selbst ganz Drama Queen – Marias Hinrichtung an den Beginn schiebt. Detailverliebt der Überlieferung entsprechend, das rote (Märtyrerinnen-)Kleid leuchtet.
Ihr Ende ist also der Anfang. Dann ein galant knicksender Hüpfer rückwärts, mitten rein in die pralle Biographie, circa 25 Jahre turbulenten Lebens, komprimiert zu zwei Stunden. Da geht zwangsläufig vieles verloren, aus dem geretteten Rest formt Rourke eine Neuvermischung gesetzter Fakten sowie oft queerer Spekulationen: So fühlt sich David Rizzio eher als Lady bei Hofe denn Privatsekretär, ehe seine Ermordung die Realität (ein Blutbad aus 56 Messerstichen) passend damenhaft mildert. Bevor es ihn Sex-und-Gewalt-ziehen-immer-mäßig fies erwischt, betrachtet der schmucke Lord Darnley andere Burschen ebenfalls nicht bloß kumpelhaft. Und frei nach Schiller an den Tatsachen weiträumig vorbei, trifft Maria schließlich auf Elisabeth.
Nun mag man von solchen seifenopernartigen Emotionsglitschigkeiten halten, was man möchte, zweifellos markiert letztere Begegnung indes einen darstellerischen Höhepunkt. Da feuern sich zwei junge Talente mit der Ausdruckskraft alter Haudegen regelrecht an – Saoirse Ronans überaus selbstbewußte, vor Stärke quasi kaum blinzeln könnende, der Zickigkeit zugeneigte Maria Stuart hier, die Elisabeth von Margot Robbie, eine tief drinnen fragile, sehnende, doch zunehmend bittere und herzversteinerte Monarchin, dort. Große Kunst, ein Duell auf Augenhöhe, man schenkt sich grundsätzlich nichts und gleichzeitig der offenbar geschätzten Kollegin allerhand Steilvorlagen. Vielleicht verbündet gegen das am Set rumlungernde Mannsvolk?
Möglich, zumal Rourke einen deutlich feministischen Ansatz wählt, „Männer, die geringer sind als wir“ karikiert, denen das „Weib mit einer Krone“ geringschätzig „Geht und spielt Verschwörungsspielchen!“ entgegengiftet. Umso bedauerlicher, wie wenig Gelegenheiten Robbie bekommt, auf der Leinwand zu verzaubern. Klar heißt das Werk MARIA STUART statt ELISABETH, trotzdem dominiert Ronan zu stark. Während sie beispielsweise an Vergewaltigung grenzenden Beischlaf mimt, streichelt Robbie, um nicht völlig in Vergessenheit zu geraten, ein Fohlen; verträumter Blickwechsel zwischen Königin und kleinem Hengst inklusive …
Erstaunlich zurückhaltende Kostümierung mal ausgenommen, gibt’s ansonsten die Üblichkeiten eines Period Piece: Magische Momente dauern exakt so lange an, bis wieder melancholische Violinenklänge einsetzen, dicke Teppiche dämpfen energische Handlungsschritte der Figuren zum gefällig anzusehenden Spaziergang gemächlicher Art durch tolle Schauplätze, gar zu spitze Wortpfeile bleiben in der Abwehr schön arrangierter Klamottage stecken. Geschichte schreibt das alles nirgendwo, aber erzählt sie zumindest nie angestaubt langweilig.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...