Luxemburg/I/Österreich 2024, 87 min
FSK 12
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Roadmovie

Darsteller: Luna Wedler, Edgar Selge, William Vonnemann

Regie: Eileen Byrne

Kinostart: 07.11.24

2 Bewertungen

Marianengraben

Moment mal!

Luna Wedler ist das, was man Naturtalent nennen darf. Da genügt, nach der Entdeckung, ein knapper Lehrgang, da braucht es kein abgeschlossenes Studium gar mit Method-Acting-Finessen bis ins Mark. Zum Beweis schaue man nochmals in JE SUIS KARL oder WAS MAN VON HIER AUS SEHEN KANN hinein. Die heute 25jährige Schweizerin spielt aus dem Bauch heraus. Und ihrer Figur in MARIANENGRABEN grummelt es genau dort am meisten.

Paula, die Meeresbiologin werden will, fühlt sich schuldig am Tod ihres kleinen Bruders, der in Italien ertrunken ist. Bilder und Tonspuren von Tim und dem offenen Wasser verfolgen sie seitdem unbarmherzig. Bilder zu früh gegangener Liebsten sitzen auch Helmut im Nacken, doch der alte und, wie sich herausstellen wird, schwerkranke Mann schreitet in Sachen Wundheilung zu Taten, gräbt eines Nachts die Urne seiner Frau Helga aus, um die Asche mit einem knochigen Wohnmobil an verschiedene Orte gelebter Erinnerung in Südtirol zu bringen. Was mit einer eher bizarren Begegnung auf dem Friedhof beginnt, setzt sich für Paula und Helmut dann in der gemeinsamen Reise fort. Mit Unterbrechungen.

Die Richtung stimmt schon mal, und für Fahrten dieser Art hat das Kino das Roadmovie, Unterkategorie Roadmovie im WoMo, erfunden. Nur, originell sollte es schon sein, wenn man das Genre bedient. MARIANENGRABEN ist es nur bedingt. Im Trailer eingedampft, sieht die Tragik so aus, als sei sie galant auf der Komik montiert. Als Ganzes aber ist es eher ein Film der Momente zwischen Wedler und dem seltenen Selge, Edgar, und dort noch einmal der wortlosen, die sich im unbewältigten Dilemma der Generationen berühren. Schmerz kennt keine Freiwillige Selbstkontrolle, er ist unbeschränkt. Auch Helmut hatte viele Jahre zuvor schon einen zweiten Verlust zu verkraften, und auch der hatte mit Ertrinken zu tun.

Die literarische Vorlage zu MARIANENGRABEN wird Bestseller genannt, bestimmt auch, weil man dort die auffällig vorsätzlichen Konstruktionen in der Handlung leichter weglesen kann. Film funktioniert nach anderen Parametern. Da wird ein Grenzdurchbruch nach Österreich schnell albern, ein verunfalltes Huhn lausig, ein braver Schäferhund zum Cheesy Pleaser und ist eine Frage wie „Willst Du sterben oder nur nicht weiter leben?“ doppelt abgegriffen. In besagten Momenten aber sitzt man gern auf der Rückbank. Als Anhalter, immer bereit zum Aus- und Einstieg.

[ Andreas Körner ]

Marianengraben ab heute im Kino in Leipzig