Originaltitel: MARIE ANTOINETTE
USA 2006, 123 min
FSK 0
Verleih: Sony
Genre: Historie, Drama
Darsteller: Kirsten Dunst, Jason Schwartzman, Asia Argento, Steve Coogan, Marianne Faithfull, Rip Torn
Regie: Sofia Coppola
Kinostart: 02.11.06
Mit gerade einmal zwei Filmen, zuletzt dem gefeierten LOST IN TRANSLATION, hat sich Sofia Coppola den Ruf eines Ausnahmetalents erworben, dem Tiefgründigkeit und Entertainment gleichermaßen leicht von der Hand gehen. An beiden Fronten kämpft sie auch mit diesem Historienbiogramm um einen 14jährigen Modejunkie aus Österreich, der vor lauter Französischer Revolution den Kopf verliert - in jeder Hinsicht.
Das junge Mädchen, späterhin berühmt geworden mit der ans Volk gerichteten Empfehlung, doch einfach Kuchen zu essen, wenn das Brot ausgegangen ist, durchwandelt hier ein Zuckerguß-Versailles, wie es BRAVO oder MTV bebildern würden, wenn ihnen die europäische Geschichte eine Reportage wert wäre. Das Möps-chen Mopsie unterm Arm reist Marie Antoinette an den französischen Hof, um sich einem gewissen Louis zu vermählen. "Viel Glück und gute Verrichtung" wünscht der amtierende Herrscher, als es an die Hochzeitsnacht geht. Und er wird staunen, wie zäh sich die Defloration über Wochen und Monate hinzieht, weil der königliche Hengst müde ist, oder gelangweilt, oder einfach noch nicht weiß, wie und wann das eine ins andere gehört.
Daß draußen der Absolutismus seinem Ende entgegen geht, daß Guillotine und bürgerliches Selbstbewußtsein geschärft werden, bleibt letztlich Randerscheinung. Stattdessen nimmt Coppola eine umfängliche historische und mithin visuelle Milde in Kauf, um ihre Idee einer ahistorischen Parallelwelt umzusetzen, in der sich das 18. Jahrhundert und das Beverly Hills von jetzt bis auf die blondierten Haare gleichen. Ihr überzeitlicher State Of Boredom, eine üppige Ausstattungsexplosion aus Cremetorten und Bonbonfarben, hat dennoch Charme - als Schicksalsorakel für all die zeitgenössischen Teenqueens, ihre Mopsies, ihre Freizügigkeit, die doch immer nur Prüderie im kurzen Rock bleibt.
Manieriert und wenig aufgefangen durch den doch versöhnlichen Inhalt aber ist der Widerstreit zwischen Renaissance-Interieur und Rockmusik, den Coppola als Gestaltungsprinzip gegen die geigenselige Sissi-Romantik des Genres einsetzt. Er mag die zeitgemäße Blässe der Hauptfigur unterstützen, nicht aber deren biestige Noblesse.
[ Sylvia Görke
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