Originaltitel: MARLINA SI PEMBUNUH DALAM EMPAT BABAK
Indonesien 2017, 95 min
FSK 16
Verleih: Eksystent
Genre: Drama, Western
Darsteller: Marsha Timothy, Dea Panendra, Egi Fedly
Regie: Mouly Surya
Kinostart: 18.01.18
Eine Journalistin bezeichnete Mouly Suryas neuestes Werk als „Satay-Western“, in Anlehnung an den berühmten Spaghetti-Western, bei dem auch das italienische Nationalgericht von seiner Herkunft kündet. Die indonesische Regisseurin hatte aber wohl kaum die Gründung eines neuen Sub-Genres im Sinn, eher benutzt sie klug seine herkömmlichen Zutaten, um ihrer weiblichen Heldin das Schicksal selbst in die Hand zu geben.
Die Witwe Marlina wohnt in einem einfachen Haus in der unwirtlichen Landschaft der Insel Sumba, die uns in betörend schönen Landschaftstableaus präsentiert wird. Eines Tages fährt ein hagerer Mann mit seinem Motorrad vor und setzt sich ungefragt in ihr Wohnzimmer, um zunächst Bedienung einzufordern. Dann verkündet er, daß bald seine Freunde kämen, um Marlinas Vieh und Geld zu stehlen. Wenn man dann noch Zeit hätte, würden alle Sieben mit ihr schlafen. Und jetzt solle sie bitte ein Abendessen kochen.
„Frauen haben in der Küche zu sein, und sie betreten das Haus durch die Küchentür, während Männer als Familienoberhäupter angesehen werden.“ So beschreibt Surya die immer noch gängigen „patriarchalischen“ Verhältnisse in den ländlichen Regionen Indonesiens. Diese setzt sie in ihrer Befreiungsgeschichte lakonisch in Szene. Marlina führt keinen geplanten Rachefeldzug, es werden keine Entmannungen gefeiert. Vielmehr wehrt sich die schweigsame Frau, kurz und fast schmerzlos.
Auf dem Weg durch die vier Akte der Handlung trifft sie auf Polizisten, die erst mal noch eine Runde Pingpong spielen, bevor sie sich mit ihrem Anliegen beschäftigen, auf eifersüchtige, kindsköpfige Ehemänner, die ihre hochschwangere Frau am Wegesrand liegenlassen, und somit auf sehr viel männliche Ignoranz. Die helfenden Hände sind, ganz wie nebenbei inszeniert, weiblich. Ein kleines Mädchen, eine Halbwaise, gibt ihr Obdach, und die Schwangere schafft es noch im Schmerz der Geburt, im richtigen Moment da zu sein.
Surya zelebriert Marlinas Reise mit einem grandiosen Soundtrack, mystischen Geistererscheinungen und Einblicken in die Traditionen ihres Landes. Ohne pompösen Showdown, sondern in schönstem, fast schon skurrilem Pragmatismus erschafft sie zudem einen Film, der gut zur aktuellen #MeToo-Debatte paßt. Wobei die Regisseurin mit Marlina einige blutige Schritte weiter geht.
[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...