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Medusa

Ach Du lieber Gott!

Regisseurin Anita Rocha da Silveira verbiegt ihre tief gespaltene Heimat zur dystopischen Schreckensvision: Brasilien wird von der Kirche regiert, junge Frauen möchten obsessiv schön sein für den zukünftigen Gatten, die einzige, gern hingebungsvoll angesungene Liebe heißt dennoch Jesus, ganz klar, auf Social Media kursieren Tips für das perfekte christliche Selfie.

Bis dato alles großartig, schwer unterhaltsam, böse sowieso. Auch, weil Mariana nebst Freundinnen nachts „Sünderinnen“ aufspürt und bekehrt, für Gott, Likes und Melissa, eine – oh nein! – sexuell selbstbestimmte Ex-Schauspielerin, deren Gesicht strafend-reinigendes Engelsfeuer entstellte. Nun ist sie heilig und verschwunden. Marianas Suche nach Melissa setzt Grundfeste Erschütterndes in Gang …

Bevor es so weit kommt, ticken massig vorsichtiges Erkunden und bedeutungsschwangeres Blicken entlang der Uhr, Silveira verweigert moderne Hektik, passend dazu weckt ein Tiefste-80er-Synthie-Soundtrack recht unselige Erinnerungen. Überhaupt die Tonspur: Wo Machismo und Patriarchat klüngeln, schreit Silveira – wörtlich zu verstehen – gellend dazwischen, ihre magische Ader zaubert derweil einnehmende Bilder, lotet Perspektiven aus.

Trotzdem muß man wohl Faulheit argwöhnen, schließlich kann es nicht eigenen Ansprüchen genügen, einfach ständig Mysteriöses auf die Interpretationsspielwiese zu schmeißen und entspannt abzuwarten, was der Zuschauer Dolles draus liest. Will sagen, daß irgendwann mehr Handlung für geschlagene 127 Minuten dringend nötig gewesen wäre. Gar nicht viel. Nur eben genug, um allerhand lähmender Repetition zu entflüchten.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...