Mit der Erwartungshaltung ist es ein rechtes Kreuz. Da heißt man beispielsweise Patrice Leconte und hat bislang meist doppelbödige, oft auch philosophische Filme wie INTIME FREMDE oder DIE FRAU AUF DER BRÜCKE geschaffen und beim Publikum die Meßlatte in schwindelerregende Höhen katapultiert. Und dann kommt eben MEIN BESTER FREUND, der ... aber hübsch langsam.
Lernen wir erst einmal François kennen, einen Antiquitätenhändler, welchem die Arbeit über alles geht. Andere Menschen? Ungefähr so wichtig wie Hundedreck am polierten Schuh. Irgendwann wird es seiner Kollegin zu bunt, weshalb überdeutliche Worte fallen: "Du hast keine Freunde!" François ist entrüstet, wie kann sie es wagen?! Aber er wird es ihr schon zeigen, innerhalb von zehn Tagen seinen besten Freund präsentieren. Schnell hat das Organisationstalent eine Liste mit in Frage kommenden Namen erstellt, leider reagieren die potentiellen Opfer eher verstört denn erfreut. Ungewöhnliche Maßnahmen müssen also her, doch weder Bücher noch Selbsthilfeseminare zeigen Erfolg. Bis François auf Taxifahrer Bruno trifft, ein Naturtalent im Umgang mit seiner Umwelt. Und ein Lehrmeister obendrein?
Natürlich ruht Lecontes Fokus wie gewohnt auf zwei Menschen, die in irgendeiner Weise zueinanderfinden. Nur begegnet er dem Sujet im aktuellen Fall erstaunlich, für seine Verhältnisse vielleicht sogar irritierend, beschwingt, schreckt nicht einmal davor zurück, ein paar echte Slapstickeinlagen aufzufahren. So scheinen etwa François’ urkomische Versuche eines offenen Lächelns eher Brecht entlehnt: Und der Haifisch, der hat Zähne ... Stringenter, damit auch vorhersehbarer, arbeitet das Regie-Genie hier, baut weniger emotionale oder soziale Stolperfallen ein.
Man spürt förmlich, wie sich Leconte am Set entspannt zurückgelehnt hat und zufrieden damit war, diesmal "bloß" einen mäßig feinsinnigen Gute-Laune-Film zu drehen. Was eventuell dezent warnen, aber auf keinen Fall als abwertende Kritik verstanden werden will, da dieses unspektakulär schöne Werk seinem hoffentlich großen Publikum stets all das schenkt, was es selbst propagiert: Sympathie, Freundlichkeit und Aufrichtigkeit.
Originaltitel: MON MEILLEUR AMI
F 2006, 88 min
Verleih: Alamode
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Daniel Auteuil, Dany Boon, Julie Gayet, Julie Durand, Jacques Mathou
Regie: Patrice Leconte
Kinostart: 06.12.07
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...