D 2016, 111 min
FSK 0
Verleih: StudioCanal
Genre: Komödie, Biographie
Darsteller: Kostja Ullmann, Jacob Matschenz, Anna Maria Mühe, Alexander Held, Johann von Bülow
Regie: Marc Rothemund
Kinostart: 26.01.17
Unter rammdösigen Verkehrsteilnehmern und bei zur Unzufriedenheit erledigten Aufträgen wird das sich fehlverhaltende Gegenüber ja gern auf mildernde Umstände abgeklopft: „Sag’ mal, bist Du blind?!“ Wie erheblich fiele wohl die Verblüffung des in selbstgerechtem Zorn entbrannten Fragestellers aus, wäre die Antwort eine bejahende! Saliya „Sali“ Kahawatte traut man solch’ Reaktion zu, denn 1. stimmt’s, und 2. hat der junge Mann genug Mumm. Zumindest später mal.
Vorerst heißt es indes: klarkommen mit plötzlichem Verlust des Sehvermögens, nur 5% bleiben. Nicht aufgeben trotz eines Vaters, dem Salis Wunsch, auf einer herkömmlichen Schule sein Abitur durchzuziehen, lediglich „Du bist aber nicht normal!“ entlockt. Sali wird den Abschluß schaffen. Einen Ausbildungsplatz im besten Hotel der Stadt ergattern. Dabei allerdings seine Behinderung verschweigen, nachts Getränkekarten auswendig lernen, ständig Schritte bis Punkt X zählen, verschmutzte Gläser am Klang erkennen. Permanent von Entlassung bedroht.
Eine märchenhaft anmutende Story, trotzdem wahr. Daß den echten Sali die Lüge sukzessive in Alkohol, Drogen und Suizidversuche trieb, verschweigt diese filmische Aufarbeitung, was okay geht, weil sie eine andere Priorität setzt und ermutigen möchte. Dazu, an die eigenen Fähigkeiten zu glauben, Träume nie aufzugeben. Jene gleichermaßen alte wie zeitlose Botschaft kommt nun als erstaunlich lässige Komödie daher, deren nicht zu lustige, oft eher zurückhaltende Flockigkeit durch leicht dramatische Stolpersteine weiter an Bodenhaftung gewinnen will. Klappt nicht immer, zumal die grundlegenden Zutaten gängiger Rezeptur entsprechen. Die Welt ist halt klein, und Hilfe lauert überall, sei’s der großmäulige Kollegenkumpel oder ein – aktueller Bezug! – vom Chirurgen zum Tellerwäscher abgestiegener Flüchtling. Gemeinsam zeigt man’s dann dem garstigen Service-Ausbilder, und für die wahre Liebe bleibt ebenfalls noch Zeit, natürlich nicht vollumfänglich unproblematisch.
Da poppen schon Gedanken auf: Wann hat jemals jemand im realen Leben derart überdeutliche Ansprachen gehalten? Woher kommt denn jetzt ein gewisser arg spontaner Sinneswandel? Und ist das eigentlich schlimm? Nein! Ein tolles Händchen bei der Songauswahl, allesamt knuffige Darsteller, gelungene Gags sowie fehlende Tränendrüsenmassage bedingen erhöhte Sympathiewerte plus Empfehlung.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...