Originaltitel: ALLENDE, MI ABUELO ALLENDE

Chile/Mexiko 2015, 98 min
FSK 0
Verleih: Cine Global

Genre: Dokumentation, Biographie, Familiensaga

Regie: Marcia Tambutti Allende

Kinostart: 01.02.18

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Mein Großvater Salvador Allende

Gegen das familiäre Schweigen

DDR-Bürgern dürfte der Name Allende noch geläufig sein, trugen doch etliche Straßen, Plätze und sogar ein Berliner Viertel den Namen des chilenischen Politikers. 1970 kam er als erster linker Präsident Lateinamerikas an die Macht, die drei Jahre später mit einem blutigen Putsch endete. Allende nahm sich das Leben, als das Militär am 11. September 1973 den Präsidentenpalast stürmte. Seine Angehörigen flohen. 

Während innerhalb der Familie über das politische Wirken Allendes weiterhin gesprochen wurde, blieb jedoch der Mensch hinter dem Politiker weitgehend verborgen. So empfand es zumindest seine Enkelin Marcia Tambutti Allende, die mit ihren Eltern nach Mexiko ins Exil gegangen war. Diese Leerstelle war für die Biologin der Anlaß, sich auf eine innerfamiliäre Spurensuche zu begeben. In ihrem Dokumentarfilm interviewt sie Familienmitglieder und macht sich auf die Suche nach verschwundenen privaten Fotos. Fotoalben und andere persönliche Dinge wurden nach dem Putsch von der Junta beschlagnahmt oder zerstört. Die in Archiven, bei Freunden und Verwandten wiederentdeckten Bilder und Filmaufnahmen dienen der Regisseurin als Mittel, ihre Verwandten endlich zum Reden zu bringen.

Besonders der zur Drehzeit 92jährigen Witwe Allendes, Hortensia Bussi, genannt Tencha (gestorben 2009), merkt man den Schmerz deutlich an. Sie verlor einst nicht nur ihren Mann und lange Jahre ihre Heimat, sondern auch eine ihrer Töchter. Beatriz, die politisch sehr eng mit ihrem Vater verbunden gewesen war, beging 1977 im kubanischen Exil Selbstmord. Zurück blieb ein familiäres Trauma, das unter Schweigen begraben wurde. Marcia Tambutti Allende gelingt ein intimes Porträt ihres Großvaters, aber mehr noch ihrer Familie. Diese Intimität ist gleichzeitig Stärke und Schwäche des Filmes. Scheint er doch in erster Linie für die Familie und erst in zweiter für ein externes Publikum gemacht zu sein. Geschichtliche Hintergründe werden als bekannt vorausgesetzt.

Fesselt der Film in der ersten Hälfte, wirken die innerfamiliären Gesprächssituationen und Fotobetrachtungen im weiteren Verlauf zunehmend redundant. Auch wird leider nicht thematisiert, wie die Familie inzwischen mit dem politischen Erbe Allendes umgeht. Immerhin ist die Mutter der Regisseurin eine erfolgreiche Politikerin in Chile. Das erfährt man jedoch nicht im Film, sondern im Internet.

[ Dörthe Gromes ]