Originaltitel: MELINDA AND MELINDA
USA 2004, 100 min
Verleih: Fox
Genre: Komödie
Darsteller: Radha Mitchell, Will Ferrell, Chiwetel Ejiofor, Jonny Lee Miller, Chloë Sevigny, Amanda Peet, Wallace Shawn
Stab:
Regie: Woody Allen
Drehbuch: Woody Allen
Kinostart: 23.06.05
Woody Allen sagt von sich, ihm falle dauernd etwas ein. Diesmal fiel ihm vor allem etwas auf: der Unterschied zwischen Komödie und Tragödie liegt in der Perspektive. Neu ist das nicht, nicht einmal für Allen, der sich ja Film für Film gerade auf die kleinen Unterschiede kapriziert. Aber sein ideeller Exkurs über die Grundlagen der eigenen Arbeit erweist sich immerhin als fruchtbar, wird er doch mit gleich zwei Geschichten illustriert. Die beginnen in einem New Yorker Bistro, wo ein paar Literaten eine tragische und eine komische Version aus derselben Anekdote entwickeln: Melinda, eine vom Leben gebeutelte Frau, platzt unangemeldet in ein Dinner.
In der "tragischen" Variante landet sie bei einer alten Schulfreundin, die sich fortan nicht nur mit einem Schluckspecht und Schürzenjäger von Gatten herumschlagen muß, sondern auch mit Melindas fatalem Hang zu den falschen Männern, der dann auch zielsicher in die nächste Enttäuschung führt. Die Melinda im "komödiantischen" Pendant hingegen belästigt ein Pärchen in der Nachbarwohnung, kotzt auf den guten Teppich und erobert prompt das Herz des trotteligen Gastgebers Hobie. Dessen Nochehefrau muß allerdings nicht bedauert werden. Der Geldgeber ihres neuen Films (Arbeitstitel "Kastrationssonate") spendet Trost.
Ganz dem etwas papierenen Konzept seiner narrativen Doppelstrategie ergeben, zappt Allen zwischen beiden Versionen und dem oben genannten Bistro hin, her und zurück - und bleibt doch eigentlich im Stand-By-Modus. Allzu milde fällt das Tragische aus, allzu beherrscht die Komik, beide zum Verwechseln ähnlich. Ob man das nun Komitragödie, Dramedy oder Sadstick rufen will - es ist vegetarische Kost, weder Fisch noch Fleisch. Aber immerhin ein "typischer Woody Allen". Denn der Meister der heiter-geistreichen Muse US-amerikanischer Prägung macht wie so oft vor allem Konversation.
Und weil sich das altbekannte Allen-Universum aus triebhaften aber kultivierten New Yorkern, Neurosen und Beziehungschaos konsequent um sich selber dreht und redet, angeschoben von urbanen Hysterikern und unbeholfenen Romantikern, in denen sich der Regisseur vervielfacht hat, muß man ihn wohl auch einen Altmeister des Déjà Vu nennen.
[ Sylvia Görke ]