Originaltitel: MEMORY GAMES

D/USA/S 2018, 86 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation

Regie: Janet Tobias, Claus Wehlisch

Kinostart: 03.10.19

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Memory Games

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Eine Halle voller kleiner Tischchen, auf jedem davon zwei Ellbogen und darüber ein in Hände versunkener, rauchender Kopf. Einzig zu hören ist eine Frauenstimme, die im Sekundentakt Ziffern vorliest – minutenlang. Wer danach diese aus dem Ruder gelaufene Telefonnummer am korrektesten wiederholen kann, gewinnt. Rekord: 456 Ziffern. Bei der Gedächtnis-WM gibt es viele solcher Disziplinen. An anderer Stelle gilt es, abstrakte Bilder und durchgemischte Kartendecks in Windeseile abspeichern und abrufen zu können.

Die Dokumentation MEMORY GAMES taucht in die Welt der Zerebral-Jongleure ein und porträtiert vier ihrer Koryphäen auf dem Weg zum großen Turnier. Zusammen mit den Deutschen Johannes und Simon sowie dem US-Amerikaner Nelson komplettiert die Schwedin Yanjaa das grundsympathische Protagonisten-Quartett, sie kann wohl besser als jeder Mathematiker Pi-Nachkommastellen rezitieren. Dabei sei das Geheimnis dahinter nicht das bloße Glück eines angeborenen Superhirns, sondern, wie so oft, die Technik. Der typische Denk-Athlet verwandelt Ziffern in einprägsame Gegenstände und drapiert sie in einem „Gedächtnispalast.“

Genau hier nutzt MEMORY GAMES die Vorzüge der Kinoleinwand aus: So „fliegt“ der Zuschauer durch Palasthallen, gefüllt etwa mit kunterbunten Hähnchenkeulen, Hockeyspielern und Eiffeltürmen. Ferner macht MEMORY GAMES auch Abstecher hin zu den persönlichen Anliegen seiner Protagonisten. Yanjaa berichtet von Chauvinismus-Erfahrungen mit männlichen Kontrahenten. Einmal sei bei einem Turnier ein inoffizieller Nebenwettbewerb veranstaltet worden: Welche Gedächtnissportlerin ist die schönste?

In Zeiten des stets präsenten Gorillaglas-Lexikons aus der Hosentasche bietet der Film ein spannendes Plädoyer für das menschliche Gehirn. Die wahren Vorzüge eines ausgeprägten Erinnerungsvermögens werden jedoch nicht vertieft, stattdessen bleibt der Wettbewerbsgedanke im Vordergrund. „Wozu das alles?“ – eine Frage, die durchaus mehr Antworten als nur den Zweck der Demenzvorbeugung zuläßt.

Wer den Kopf mit den richtigen Informationen füllt, kann sicher auch im Alltag gedanklich aus dem Vollen schöpfen. Ein Filmkritiker etwa möchte doch stets alle Schauspieler- und Regisseursnamen parat haben. Insofern dient MEMORY GAMES gleichsam als Kinoerlebnis wie auch als Ansporn.

[ Hieronymus Hölzig ]