Originaltitel: BABYTEETH
Australien 2019, 118 min
FSK 12
Verleih: X Verleih
Genre: Drama, Liebe, Schicksal
Darsteller: Eliza Scanlen, Toby Wallace, Ben Mendelsohn
Regie: Shannon Murphy
Kinostart: 08.10.20
Samson und Delilah. Kleopatra und Caesar. Romeo und Julia. Robert Kincaid und Francesca Johnson. Und jetzt Milla und Moses. Nun meint es das Schicksal mit den beiden etwas differenter als in den vorgezählten Drama-pur-Konstellationen, aber leicht, zuckerwattig und mit rosigen Aussichten eben auch nicht. Was nur gut ist, denn die Hürde bei diesen wahrhaft umwerfenden Liebesgeschichten im Kino liegt ja oft darin, wie stark behauptet oder eben verankert im Leben sie sind. Und die Begegnung zwischen der, man darf es sagen, schwerkranken Milla und dem streunenden Moses ist in aller Verrücktheit geerdet und geht los, wenn der picklige Kerl mit dem süßen Blick das vielleicht lebensmüde Mädchen am Bahnsteig zurück ins Leben stößt. Er pumpt sie an, ihr blutet die Nase, sie bittet um einen neuen Haarschnitt, kurz darauf lernen Millas ziemlich schräge Eltern den etwas ungewaschenen Kerl kennen – mit vorerst milder Begeisterung.
So geht feinstes Indiekino heute, mit genauem, ja, auch zärtlichem Blick in unkonventionelle Leben, mit großer Sympathie für seine unangepaßten Protagonisten, die auf einen raschen Blick nicht gegensätzlicher sein könnten, ebenso deren Erwartungen und Hoffnungen, und genau deshalb so wunderbar zusammenpassen. Millas Lebensmut kriegt Höhenwind, Moses’ Wackelexistenz einen zarten Anker, und Regisseurin Shannon Murphy treibt ihren Figuren all das Kratzbürstige und Nonkonforme keinen Deut aus: verlieben, ohne sich aufzugeben. Moses ist halt einer, der nicht funktionieren will, keine Schubladen akzeptiert, und Millas ohnehin gezähltes Leben kriegt eine wildere Struktur, zu der plötzlich Sehnsucht gehört.
MILLA MEETS MOSES ist dabei anders als DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER, der auch nicht schlecht war, aber mehr Heulerqualität besaß, was nicht heißt, daß es einem jetzt nicht die Füße weghaut und die Tränen ausbleiben. Es fühlt sich jedoch kantiger, echter und näher dran an, wenn die beiden um Verlängerung spielen und dann doch der Würde den Vortritt lassen. Beide sind verwundbar, wie Welpen, diese Irritation aus leben Wollen und vielleicht kaum noch Können überträgt sich in tiefster Sympathie auf den Zuschauer. Daß Zwischentafeln auf das Geschehen vorgreifen, stört nicht, im Gegenteil, es verschafft dem Film und uns Zeit zum Luftholen. In aller Ruhe sozusagen erschließt sich uns, wie aus dem ehemals sorglosen Jungengesicht das eines traurigen Mannes werden kann und aus dem schmerzgeplagten Mädchen eine glückliche Frau.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.