Originaltitel: MINARI
USA 2020, 116 min
FSK 6
Verleih: Prokino
Genre: Drama
Darsteller: Steven Yeun, Han Ye-ri, Alan Kim, Noel Kate Cho, Youn Yuh-jung, Will Patton
Regie: Lee Isaac Chung
Kinostart: 15.07.21
Großmutter riecht nach Korea. Das Gebräu, das sie für David aufkocht, ist widerlich, und außerdem will sie ihm eine mit ihrem Mund abgepulte Marone andrehen. Der 5ährige ist über den Zuzug von Oma Soon-Ja alles andere als begeistert. Über zehn Ecken aber werden es ausgerechnet diese beiden sein, die ihre Antennen auf gemeinsame Frequenz bringen. Es geschieht unmerklich. So wie der gesamte Film eher von kleinen Dingen erzählt, ohne die weder das Große noch das Ganze funktionieren würden.
Regisseur Lee Isaac Chung siedelt MINARI mit starkem autobiographischen Einschlag und viel Sinn für stimmige Details in den 80ern an, die seine 80er waren. Nicht nur Namen und Umgangssprache verweisen auf die Tatsache, daß Jacob und Monica mit ihren Kindern Anne und David in den USA schon Fuß gefaßt haben. Seßhaft aber sind sie nicht und sich auch nicht unbedingt darüber einig, wie es weitergehen soll. Als Viererpack ohne Anhang siedeln sie von Kalifornien aus ins ländliche Arkansas um, wo sich besonders Jacob eine eigene Farm aufbauen will. Monica ist nur dabei. Gemüse zunächst für koreanische Amerikaner soll hier wachsen, fünf Hektar Träume, das Haus hat Räder, die Wege sind weit, Wasserressourcen knapp, das Ehepaar wird noch eine Weile als Hühnerbeschauer – im Englischen mit dem kernigen Namen „Chicken Sexer“ versehen – arbeiten müssen, um zu überleben, den mutig aufgenommenen Kredit abzubezahlen und sich den Widrigkeiten der Natur zu stellen.
Da David von Geburt an kränkelt, die Kirchgemeinde ein noch zu frisches Terrain ist, und ein Freundeskreis in den Sternen über den Ozark Mountains steht, wird Monicas Mutter aus Korea geholt. Schrullig ist die alte Dame, knalldirekt in den Ansagen, als Köchin und Keksbäckerin eine glatte Null, dafür trefflich im Schnarchen. So fängt man keine Enkel, da müssen andere Werte her.
MINARI verströmt, aus feinstem Landschafts- und Gesichterlicht heraus, einnehmende Wärme. Weil er völlig frei von Larmoyanz und Hysterie über Familien erzählt, ja, auch solchen, die von irgendwo nach irgendwohin ausgewandert sind. Doch es ist keine Bedingung. Denn es geht hier mit enger zeitlicher Klammer in besonderem Maße auch um Werte, die unter Schutz zu stellen sind. Und um Stolz und Werturteil, Optimismus und Bangen, um Löcher in Herzen und Gewürzpflanzen, die sich viel schneller anpassen können als Menschen.
[ Andreas Körner ]