Originaltitel: „ÎMI ESTE INDIFERENT DACA ÎN ISTORIE VOM INTRA CA BARBARI“

Bulgarien/D/F/Rumänien/Tschechien 2018, 140 min
FSK 12
Verleih: Grandfilm

Genre: Tragikomödie, Satire

Darsteller: Ioana Iacob, Alex Bogdan, Alexandru Dabija

Regie: Radu Jude

Kinostart: 30.05.19

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Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen

Erwache, Rumäne!

Damit wir gar nicht erst durcheinanderkommen: Dieser etwas sperrig betitelte Film ist keine Doku, sondern ein komödiantisches Drama, und dieses handelt zwar von Theaterregisseurin Mariana, gedreht hat es aber der Filmemacher Radu Jude. Mariana, unsere Protagonistin, plant ein Stück über die rumänische Beteiligung an Holocaust und Roma-Verfolgung. Als Schlaglicht des Schreckens wählt sie das Massaker von Odessa: Mindestens 25.000 Menschen wurden im Herbst ’41 auf Befehl von Diktator Antonescu in der (damals rumänisch besetzten) Hafenstadt umgebracht. Eben jener Antonescu ist es auch, der noch heute mal hier, mal da glorifiziert wird. Das Kino blieb von dieser Schuld nicht unbefleckt, 1993 huldigte der Film OGLINDA dem selbsternannten Marschall.

All das ist ausreichend Motivation für Mariana, den Massenmord als Theaterperformance nachzustellen und ihre Landsleute mit verdrängten Wahrheiten zu konfrontieren. Zunächst nimmt das Projekt seinen geplanten Lauf: Wer einen Nazi spielen möchte, soll „einmal den Arm heben.“ Für die Kostüme liegen sogar Original-Uniformen bereit, die zuletzt in ZOMBIES VS. WEHRMACHT im Einsatz waren. Doch nicht alle Herausforderungen sind ganz so einfach gemeistert. Denn ähnlich, wie es in Italien den Mythos der „braven Leute“ und in Österreich die Mär vom „ersten Opfer des Nationalsozialismus“ gibt, hat auch Rumänien bisweilen ein Problem mit seiner Geschichtsaufarbeitung. Und so sorgen nationalistische Darsteller und ein städtischer Kulturbeauftragter mit kalten Füßen für Gegenwind, sie gefährden gar das Stattfinden der Performance.

Nicht allein, um bis heute bestehende Probleme Rumäniens sichtbar zu machen, wählt Jude jenes Kunstwerk-im-Kunstwerk-Szenario. Darüber hinaus hält der Schaffensprozeß des Bühnenstücks die eigentlich interessanten Fragen bereit. Muß Kunst erzieherisch sein? Darf Kunst Gewalt zeigen? Kann Kunst die Realität abbilden? Lange, regelrecht vergnügliche Diskussionen voller Querverweise sind das Herzstück des Films.

Es ist absehbar, daß die Theateraufführung als Finale dieser 140 überraschend heiteren Minuten dann doch noch stattfindet. Da kommt es zu den buntesten Zuschauerreaktionen – inklusive Selfie vor brennender Kulisse.

[ Hieronymus Hölzig ]