D 2024, 111 min
FSK 12
Verleih: Across Nations
Genre: Drama, Erwachsenwerden, Literaturverfilmung
Darsteller: Anton Franke, Camille Moltzen, Anja Schneider, Christian Näthe
Regie: Constanze Klaue
Kinostart: 03.04.25
Als 2018 der Debütroman „Mit der Faust in die Welt schlagen“ des jungen sächsischen Autors Lukas Rietzschel erschien, galt er vielen als „der Roman der Stunde“, schilderte er doch eindringlich das Aufwachsen eines Brüderpaares in der Oberlausitz in den 2000er-Jahren, den überwiegend tristen Alltag der Familie und letztlich ihr Abdriften in rechte Kreise. Eine nüchtene Karthographie ostdeutscher (Seelen-)Zustände: enttäuschte Aufstiegshoffnungen nach der Wende, zerrissene Familien, eine Jugend ohne Perspektive und mit viel Wut im Bauch.
Constanze Klaues Filmadaption greift die Hauptmotive des Romans heraus, nimmt sich in den Details aber dramaturgische Freiheiten. Ebenso wie das Buch erzählt ihr Film episodisch, im Grunde ein Kaleidoskop von Situationen. Geschildert wird der Alltag einer Familie aus der Perspektive von Philipp und seinem kleinen Bruder Tobias. Die Aufregung ist groß, als sie endlich aus dem vergammelten Neubaublock mitten im Nirgendwo in ein neu gebautes Haus einziehen. Doch was der Aufbruch in eine glänzende Zukunft sein soll, entpuppt sich bald als ernüchternde Enttäuschung. Das Haus bleibt eine Dauerbaustelle, die Ehe der Eltern zerbricht an Alkohol und Affären, in der heruntergekommenen Schule frustrieren altbackene Lehrer. Der Schatten der DDR ist lang, und natürlich war der unheimliche Arbeitskollege von Vater, der beim Hausbau half, auch bei der Stasi.
Auffallend ist die Lieblosigkeit in den Beziehungen oder besser die Abwesenheit von Beziehungen, denn die Menschen leben alle nebeneinander her. Sie scheinen keine Verbindung zu haben, weder zu sich selbst oder zu ihren Mitmenschen noch zur Natur drumherum; eine totale geistige Entwurzelung. In diese große Leere tritt die Wut als einziges heftiges Gefühl. Wut auf alle, die anders sind oder denen es vermeintlich besser geht, seien es nun Sorben, Türken oder sonstige Fremde. Philipp schließt sich irgendwann den „starken Jungs“ an, die sich nichts gefallen lassen, und findet so ein Ventil für seinen Frust.
Es dauert lang, bis der Film so etwas wie Dynamik gewinnt, und trotz aller Authentizität lassen einen die Figuren des Films seltsam unberührt. Vielleicht, weil diese Geschichte in diversen Variationen immer wieder erzählt worden ist. Wo bleiben eigentlich die hoffnungsvollen Geschichten aus Ostdeutschland?
[ Dörthe Gromes ]