Ein Junge findet einen Tischtennisball. So könnte ein Witz anfangen, eine Anekdote. Es ist aber der Beginn eines wunderbar versponnenen Abenteuers. Bilike heißt der Finder, er lebt mit seinen Eltern ein Nomadenleben in der mongolischen Steppe. Da ist es schon aufregend, als der Fluß einen weißen Ball anschwemmt, zumal Bilike anfangs gar nicht weiß, was er da überhaupt gefunden hat. Er zeigt das Fundstück seinen Freunden Dawa und Geliban, es soll ihr Geheimnis bleiben. Doch irgendwann siegt die Neugier, sie wollen den Ursprung des federleichten weißen Dings herausfinden. Ist es eine Schmuckperle, wie Bilikes Großmutter behauptet? Sie erfahren schließlich, daß ihr Schatz der chinesische Nationalball ist. Die Nation will ihn sicher zurückhaben, schlußfolgern sie und machen sich auf den Weg nach Peking.
Ning Hao ist chinesischer Filmemacher der 7. Generation, ("gezählt" wird seit der Kulturrevolution 1949). Ihn interessieren weder "Staatsfilme", noch rebellisches Untergrundkino, er beschreibt seinen Ansatz als den Versuch, "gefesselt zu tanzen" - Kino als zeitlose, ehrliche Verführung, die sich an der allmächtigen Zensur vorbeimogelt. Dieser Tanz gelingt Ning Hao ganz fabelhaft, er verführt auf vielfältige Weise, zum Beispiel mit seinem stillen Humor. Da schmückt ein "4 mal 4"-Aufkleber ein Pony, der fliegende Händler Siriguleng bietet den berühmten amerikanischen Tee namens "Kaffee" feil, und wir lernen, daß kaltes Bier in der Steppe ebenso wichtig ist, wie anderswo, nur daß es eben im Fluß gelagert wird.
Gleichermaßen bezaubernd und verwunderlich ist der Blick auf eine anachronistische Kultur, deren Enthaltsamkeit selbst Konsumverweigerern zu viel sein dürfte. Dennoch erleben wir den Nomadenalltag nicht als fremd, lediglich als "anders". Und die windgeschmeichelte Landschaft, die Bilike und seine Freunde hoch zu Roß erobern, verführt mit Leichtigkeit. In seiner Ruhe und Weiträumigkeit ist MONGOLIAN PING PONG einer der zauberhaftesten Filme des Jahres, sein ergreifendes Finale hallt noch nach, wenn man das Kino längst verlassen hat.
Eine Jurte, die Herberge vieler mongolischer Familien, ist innerhalb weniger Stunden abgebaut. Zurück bleibt nur ein Abdruck im Gras. MONGOLIAN PING PONG hinterläßt einen solchen auf der Seele seiner Zuschauer.
Originaltitel: LÜ CAO DI
China 2005, 101 min
Verleih: REM
Genre: Drama
Darsteller: Huricha Bilike, Dawa, Geliban
Regie: Ning Hao
Kinostart: 22.12.05
[ Roman Klink ]