Originaltitel: QU’EST-CE QU’ON A FAIT AU BON DIEU?

F 2014, 97 min
FSK 0
Verleih: Neue Visionen

Genre: Komödie, Satire

Darsteller: Christian Clavier, Chantal Lauby, Ary Abittan, Medi Sadoun, Frédéric Chau

Regie: Philippe de Chauveron

Kinostart: 24.07.14

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Monsieur Claude und seine Töchter

Love Is A Battlefield

Es war einmal ein nicht gerade von Armut belastetes Paar namens Marie und Claude, das vier reizende Töchter hatte. Drei davon steckten schon unter der Haube, sehr zum Unwillen der Eltern, handelte es sich bei den Männern doch um einen Muslim, Juden und Chinesen. Gemeinsame Familienessen arteten zu regelrechten Schlachten aus, zumal sich die Gatten gern auch untereinander bis aufs Tranchiermesser zofften, Mama Marie fiel Depressionen anheim, Papa Claude wahrte nur mühevoll das eingefroren lächelnde Gesicht.

Wie schön, daß jetzt Nesthäkchen Laure ihre Vermählung mit einem – keuchendes Aufatmen, erleichterte Freudentränen – Katholiken ankündigte! Aber nein, die Eltern kippten schier aus ihren akkurat vor dem Doppelbett geparkten Latschen, da Laures Erwählter auf Grund schwarzer Hautfarbe ebenfalls nicht ganz oben auf der Wunschliste stand. Und weil sein Vater gleichsam kaum frei von Vorurteilen lebte, drohte die Hochzeit zum Unglückstag für alle Beteiligten zu mutieren.

Daraus hätte problemlos ein bretthartes Drama gezimmert werden können, doch wählte man einen wunderbar zugänglichen, leichten und – pardon – saukomischen Ton, denn Lachen funktioniert bekanntlich als beste Möglichkeit, einander die Zähne zu zeigen. Und wie offensiv! Kein Klischee bleibt ängstlich umrundet, keine Provokation zitternd verschwiegen, während die Familie intern eingefahrene Gedanken aus den bornierten Schädeln rupft. Herrlich anzuschauen, wie sich die Brauteltern demontieren, indem sie Laure einen Ersatzehepartner (Typ verspießter Banker, dazu optisch wenig ansprechend) schmackhaft zu machen suchen. Oder Maries kläglicher Versuch, Weltoffenheit und Toleranz zu beweisen, indem sie den jüdischen Humor am Musterfall Louis de Funès’ preist. Schließlich spielte der ja einst im abstrichslos verehrten Film DIE ABENTEUER DES RABBI JACOB. Oder, oder, oder. Daß jenes Konzept ohne Einbruch 97 Minuten lang sicher trägt, liegt allerdings ebenso an Hinzufügung weiterer thematischer Ebenen universeller Form: Zumba als Mittel der Emanzipation – ein schöner Gedanke.

Es entstand ein witziges Wunderwerk, ach was, eigentlich die Komödie des Jahres 2014, welche nebenbei gar den vermuteten Zusammenhang zwischen Feldmäusen und Ausländerfeindlichkeit zu erklären weiß und im Subtext natürlich gerade den zwei Müttern eine riesengroße Bühne schenkt, auf der sie sich sukzessive gegen ihre starrsinnigen Lebensteiler, wie so häufig großmäulig rumtönende Pantoffelhelden vor dem Herrn, verbünden dürfen, um zarte Füße tief in verknöcherten Ärschen zu versenken. Vielleicht gerät das dem Thema geschuldet nicht immer nuanciert, pointiert sowie austariert darf man das muntere Treiben dennoch stets nennen. Und saust auch manchmal der Holzhammer herab, überdecken jenen sofort wieder leise, nahezu rührende Augenblicke, unter anderem Maries beglückte Fahrt auf dem Kinderkarussell.

Solche Qualität erlaubt zwei Hoffnungen: Erstens sollten hierzulande ähnliche Zuschauerzahlen wie die bislang über neun Millionen in Frankreich erreicht werden. Und zweitens mögen sich möglichst viele Wähler von Front National & Co. persönlich auf den dunkel nationalistisch eingefärbten Schlips getreten fühlen. Wenn schon nicht wegen Selbstreflexion bedingender, ergo wahrscheinlich strikt verweigerter, privater Erkenntnisse, dann angesichts des genialen Aufreger-Bildes eines multikulturell zusammengefügten Schneemanns ...

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...