D 2023, 99 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction
Genre: Drama
Darsteller: D: Franziska Hartmann, Slavko Popadic, Martina Eitner-Acheampong
Regie: Christina Ebelt
Kinostart: 09.11.23
Sandra wird zur Zeit viel gesiezt. Das ist Standard in der JVA und Abstandshalter der Diensthabenden. Seit ein paar Monaten sitzt die Gewalttäterin ein, die Routine greift. Dort rein, hier lang, Frau Jacobi. Ob Zurücksiezen mehr anstrengt als das „Du Pisser!“ von früher? Die Kaumuskeln verraten innere Bewegung. Reue? Oder beißt Frau Jacobi symbolisch tot, was ihr die Geduld wegfrißt? Zum Beispiel die bedenkentragende Sozialdienstlerin, aus der sie den Mutter-Kind-Platz, die Überstellung in den offenen Vollzug bis neulich vielleicht einfach herausgeprügelt hätte. Jetzt aber tut Frau Jacobi nur, was das Baby in ihrem Bauch und die medizinische Risikolage erfordern. Sogar Impulskontrolle kriegt sie hin. Endlich.
Christina Ebelt, Autorin dieses fiktionalen Porträts, läßt uns mitkämpfen: um eine günstige Sozialprognose, um einen rettenden Notkaiserschnitt im Krankenhaus, um das erste Babylächeln. Hach, wie die Erschöpfte das Lächeln erwidert … denkt sich das ins Glauben und Hoffen notorisch verliebte Publikum. Doch Ebelt wäre nicht die kompromißlose Kinorealistin, für die man sie spätestens seit diesem Film halten muß, hätte sie uns Empathiewütigen keine Stolpersteine in den Weg gelegt. Immer wieder schaltet sie vom Geburtsglück zur Vorgeschichte, ans Fließband in der Fleischfabrik, in die toxischen Gebrauchsbeziehungen mit dem Autoschrauber Miki und der pflegebedürftigen, schmutzenden Mutter Brigitte.
Ebelt macht in der Welt der Jacobi wirklichkeitsgrelles Licht, gerade in den unsauberen Ecken. Es weckt ein Monster, das man nicht fürchten, sondern füttern sollte: den Zweifel an allem, was folgerichtig scheint.
[ Sylvia Görke ]