Der schlimmste Alptraum aller Eltern wird für Jojo und Ben Floss zur grausamen Realität – ihr einziges Kind Diana fällt einem Attentat zum Opfer. Besonders tragisch: Der Anschlag galt eigentlich einer anderen Person, und nur drei Tage später wollte Diana vor den Traualtar treten. Trauer hat im Hause Floss indes keinen Platz. Mutter Jojo flüchtet in verletzenden Sarkasmus, um den Schmerz zu verdrängen, Vater Ben kompensiert Kummer durch übertriebenen Aktivismus, Dianas Verlobter Joe dagegen möchte es einfach allen recht machen. Doch er hütet ein schicksalhaftes Geheimnis. Als ihm die scheinbar coole, sich in Wahrheit aber an verzweifelte Hoffnungen klammernde Kellnerin Bertie zeigt, was wahre Liebe bedeutet, vermag er nicht länger zu schweigen ...
Offensichtlich liegt Brad Silberling außergewöhnlich viel an seiner Geschichte; er zelebriert sie geradezu, achtet auf Details, ringt dem Leid gar humorvolle Untertöne ab und meidet kompromißlos die Frage, wie es vorher war. Vom ersten Moment an sieht man dem schrecklich ausgeuferten Jetzt nach der Tat ins Auge. Trotz bemerkenswerter Ansätze krankt dieses Werk an einem entscheidenden Manko: So ausgezeichnet Silberling Atmosphäre erzeugt, einzelne Erzählstränge verbinden kann und perfekt den Handlungsrahmen inszeniert, so wenig vermag er es, realistische Figuren zu schaffen. Angesichts solch' hochkarätiger Darsteller sollte man eigentlich einiges erwarten dürfen, jedoch ist von Vielschichtigkeit wenig zu bemerken. Mit Ausnahme der aufregenden Entdeckung Ellen Pompeo als Bertie bleiben die handelnden Personen konturlose Schatten, deren Inneres sich niemals wirklich offenlegt, mit denen man einfach nicht lachen, weinen oder fühlen kann. Neuen Mut schöpfen die Protagonisten quasi im Zeitraffer, entlarven gewissermaßen nebenbei Lebenslügen und eigenes Fehlverhalten, niemals spürt man echte Verarbeitung des Geschehenen.
Die beabsichtigte Botschaft "Stelle dich dem Schmerz, die Zeit läßt sogar so tiefe Wunden vernarben" schmälert sich damit zum hohl klingenden "Alles wird ganz schnell wieder gut!", woran Silberlings Ambitionen scheitern – wenn auch ehrenwert und stilvoll.
Originaltitel: MOONLIGHT MILE
USA 2002, 117 min
Verleih: Solo Film
Genre: Drama, Liebe
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Dustin Hoffman, Susan Sarandon, Ellen Pompeo, Holly Hunter
Stab:
Regie: Brad Silberling
Drehbuch: Brad Silberling
Kinostart: 03.04.03
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...