D 2019, 97 min
FSK 12
Verleih: Little Dream
Genre: Drama
Darsteller: Reza Brojerdi, Katrin Röver, Luzie Nadjafi, Zar Amir Ebrahimi
Regie: Hossein Pourseifi
Kinostart: 14.11.19
Beate sieht etwas freudlos in den Spiegel, steht da mit einem bunten Kopftuch – und streckt die Zunge raus. Ein kleiner Gruß an sich selbst. Kein netter. Der Spiegel hängt in ihrer Wohnung im Iran. Als Chemikerin ist die 37jährige mit ihrem iranisch-stämmigen Mann Omid und der gemeinsamen Tochter Sarah aus der DDR hierhergekommen. Voller Freude, voller Hoffnung.
Denn der Schah ist weg, die Monarchie vorbei. Noch bevor die 70er in die 80er wechseln, bringt die iranische Revolution den Umsturz. Aus vielen Ländern kehren kommunistische Dissidenten in ihre Heimat zurück und wollen eine erste Republik aufbauen, die besser ist, freier, gleichberechtigter, fortschrittlicher. Doch auch Ajatollah Chomeini kommt aus seinem Pariser Exil zurück, zunächst als Hoffnungsträger, schnell aber als Staatsoberhaupt mit eigenen Plänen. Der Rest steht in den Geschichtsbüchern, erlebt und durchlebt wird es bis heute von den Iranern selbst. Ihm seien noch nie freundlichere Menschen in einem Urlaubsland begegnet, sagte jüngst ein Freund.
MORGEN SIND WIR FREI beruft sich auf wahre Begebenheiten. Regisseur Hossein Pourseifi blendet den Alltag der kleinen Familie in der DDR fast völlig aus, läßt Omid anfangs lieber von Westberlin aus über die Grenze huschen, weil er eben einen Diplomatenpaß, also Privilegien, besitzt. Um einen wesentlichen Teil von Beates Motivation zu beschreiben, mit in den Iran zu gehen, plaziert er eine einzige Szene: Beates Antrag für ihre Dissertation am Institut wird wieder einmal abgelehnt, ihr fehle es an marxistisch-leninistischer Weiterbildung. Das ist dünn. Es ist auch nicht die Säule dieses Films, denn er will über den Iran erzählen und nutzt das Vehikel der Mischehe dafür. Und dicker ist sie auch, die gezeigte Liebe zwischen den Eheleuten. Die glaubt man.
In der Folge nährt sich MORGEN SIND WIR FREI von einem offensiven Mix aus üppigen Dokumentar- und gediegen inszenierten Spiel-szenen hin zum Drama einer Zerschlagung. Erst geht die neue Hoffnung kaputt, dann die Familie. Es ist sinnbildlich für das Leben im Iran in dieser Zeit. Freie Presse – Omid arbeitet als Chefredakteur – wird zur Illusion, genauso wie die Befreiung der Frauen von übertrieben tradierten Riten und Zwängen.
Im Reigen der „Ost-Filme“ setzt MORGEN SIND WIR FREI einen interessanten inhaltlichen Akzent, filmisch ist dieses Debüt jedoch etwas zu brav.
[ Andreas Körner ]