Originaltitel: D’APRÈS UNE HISTOIRE VRAIE
F 2017, 100 min
FSK 12
Verleih: StudioCanal
Genre: Thriller, Psycho
Darsteller: Emmanuelle Seigner, Eva Green, Vincent Perez
Regie: Roman Polanski
Kinostart: 17.05.18
Der Titel jedenfalls ist in seiner ironischen Durchtriebenheit großartig. Gerade heute, wo das Etikett „Nach einer wahren Geschichte“ auf Filmen ungefähr so penetrant oft draufklebt wie das „Aus biologischem Anbau“ auf Produkten in der Lebensmittelabteilung. Hier wie dort fungieren derlei Authentizitätszertifikate als eine Qualitätsgarantie, die zumindest hier (also im Kino) freilich längst schon keine Qualität mehr garantiert. Die Frage, ob das dort (in der Lebensmittelabteilung) anders ist, ist natürlich irrelevant. Im Namen eines eleganten Übergangs innerhalb dieses Textes sei aber wenigstens schon mal raunend angedeutet, daß in NACH EINER WAHREN GESCHICHTE auch Lebensmittel eine Rolle spielen, und zwar eine lebensgefährliche.
Die Schriftstellerin Delphine de Vigan hatte ein Buch über ihre Mutter geschrieben, das, wie es gern passiert, wenn man aus dem Nähkästchen der Privatsphäre auch die kompromittierenden Begebenheiten ausplaudert, zum Bestseller wurde. Delphine jedenfalls machte das Buch zum literarischen Star. Den Rummel, den so etwas mit sich bringt, kann die eher introvertierte Autorin dabei gerade noch verkraften – nicht aber die anonymen Schmähbriefe, die regelmäßig bei ihr landen und an der zunehmend physisch und psychisch geschwächten Frau zehren. Als Delphine nach einer Autogrammstunde die rätselhafte Elle kennenlernt, meint sie, in ihr eine Vertraute, wenn nicht Wesensverwandte, gefunden zu haben, die ihrem Leben wieder Halt geben könnte. Natürlich entpuppt sich das als fataler Irrtum.
Nach vier Jahren Abstinenz kehrt Roman Polanski jetzt ins Kino zurück. Mit einem Psychothriller-Kammerspiel, das zwar mitnichten an das heranreicht, was der Meister diesbezüglich selbst schon an Meisterlichem vorlegte (EKEL, DER MIETER), aber bei weitem besser ist als das, was er zuletzt mit VENUS IM PELZ fabrizierte. Das Eigentümliche an NACH EINER WAHREN GESCHICHTE nun ist, daß der Film zwar nicht ohne Raffinement erzählt, dabei aber ziemlich überraschungsfrei bleibt. Insgesamt wirkt der Film, dessen Handlung sich Polanski gemeinsam mit CARLOS-Regisseur Olivier Assayas austüftelte, als ginge es darin mehr um die Hommage an eine bestimmte Form des Erzählens, als um das Erzählte selbst.
Womit das Durchtriebenste am Film wohl tatsächlich dieser Titel ist, der augenzwinkernd eine Mogelpackung anpreist. Aber immerhin eine, die man gern mal anschaut.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.