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Neufundland

Im Osten kann man was entdecken

Bei Robert in Köln fällt nach fünf Jahren Trauer über den Unfalltod seiner Frau Jule endlich der Groschen: Der deutsche Osten braucht Münzfernrohre! Robert braucht das Abenteuer! Also wird der geländegängige Unimog gesattelt und hinten ran der alte Bauwagen gekoppelt, randvoll mit Erinnerungen an Claudia und einer Ladung Münzfernrohre. Und ab damit gen Osten! Hier kann man noch was entdecken! Vielleicht sogar sich selbst. Vor Robert liegen die grünen Acker Sachsen-Anhalts, der spröde Charme von Honeckers 5-Etagen-Plattenbau-Silos und vor allem die Begegnung mit Christiane. Ihre hervorstechende Eigenschaft ist, daß sie Roberts toter Frau wie aus dem Gesicht geschnitten ist.

Außerdem wohnt sie in der Platte. Hier verirrt sich Robert schon beim Brötchenholen nach der ersten Nacht mit Claudia, und auch sonst geschieht allerlei Mysteriöses im Osten. Warum trainiert Claudia nächtens, wie man Bewegungsmelder austrickst? Wieso kann Robert in seinem Unimog auf anhaltinischen Ackern nächtigen, ohne daß die Staatsgewalt einschreitet? Wer zur Hölle wirft Münzen in Roberts Fernrohre, um sich Baustellen und Umgehungsstraßen anzusehen?

NEUFUNDLAND, der zweite Spielfilm von Regisseur und Drehbuchautor Georg Maas, muß sich diese kleinlichen Fragen gefallen lassen. Ein Liebesfilm darf im luftleeren Raum schweben, weit über den Dörfern der Logik, des Zeitgeistes, des Bürgersinns, der Staatsgewalt. Er kann die Welt verklären, neu erklären. Aber dann darf er in seiner eigenen Sprache nicht stottern. Dann muß er das Talent und den Mut zur Magie haben, mit der er die Welt überziehen will. Dieses fürs Kino aufgeblasene, kopflastige kleine Fernsehspiel klemmt ein bißchen unbeholfen zwischen nüchternem Paßbild und verklärtem Fernrohrblick, zwischen beiläufig-realistischer Bestandsaufnahme und real existierender Magie, zwischen Andreas Dresens HALBER TREPPE und Wolfgang Beckers 78 qm-Wohnung aus GOOD BYE, LENIN!.

Diese Verklemmtheit reicht für ein paar schöne blühende Landschaften in Ackergrün und Abendrot und ein bißchen gehabtes Lokalkolorit à la NVA-Trainingsanzug. Für einen Neufund reicht es nicht.

D 2002, 95 min
Verleih: Zephir

Genre: Drama

Darsteller: Jochen Nickel, Anna Loos, Axel Prahl

Stab:
Regie: Georg Maas
Drehbuch: Georg Maas

Kinostart: 24.06.04

[ Christian Seichter ]