Originaltitel: THE WORLD BEFORE YOUR FEET
USA 2018, 95 min
FSK 0
Verleih: Happy Entertainment
Genre: Dokumentation
Regie: Jeremy Workman, Matt Green
Kinostart: 12.03.20
… und läuft, und irgendwann fragt man sich: Wo will er eigentlich hin? Daß Matt Green kein klares Ziel vor Augen hat, betont er selbst. Der New Yorker hat Job und Wohnung gekündigt und sich in den Kopf gesetzt, einfach willkürlich die Bezirke seiner Wahlheimat zu durchwandern. 15.000 Kilometer zu Fuß hat er bereits zurückgelegt, der Dokumentarfilmer Jeremy Workman begleitet ihn dabei mit der Kamera. Das Ziel dieser filmischen Verfolgung bleibt hingegen schleierhaft. Klar, von der Unerschrockenheit, von der Begeisterung für das Unscheinbare und der naiven Weltsicht dieses Wanderers kann man sich einiges abschauen!
Und wo sonst, wenn nicht im Kino, darf man schon noch derartige Freiheit bestaunen, einfach von jetzt auf gleich auszusteigen? Schade nur, daß dies in einem Film stattfindet, der auf der großen Leinwand wenig verloren hat. Nach den Medienberichten über Matt Green oder einem Blick auf dessen Website weiß man alles, was man wissen muß. NEW YORK – DIE WELT VOR DEINEN FÜSSEN hat dem wenig hinzuzufügen, ist eher Selbstlob als Auseinandersetzung mit der titelgebenden Stadt, eher Werbung für Greens Onlineblog als bereichernde Filmkunst. Dabei wären die Erkundungen zu Fuß und die Unmittelbarkeit der Handkamera bestens geeignet, lebhafte, ungeschönte Momentaufnahmen des Großstadtlebens einzufangen. Green hat unterwegs mit unzähligen Leuten gesprochen. Der Film zeigt diese Kontakte in flott geschnittenen Montagen, im Hintergrund klimpert die immer gleiche, aufdringliche Klaviermusik. Noch besser wäre es aber, dürften wir an den dort ausgetauschten Geschichten auch teilhaben.
Ja, dieser Mann ist besonders, das hat man irgendwann verstanden, doch eine clevere Übertragung seiner Mission auf die Leinwand weicht einem drögen Charakterporträt. Die Annäherung an New York? In etwa so aufschlußreich wie eine Postkarte. Zu viel Smalltalk, zu viel belangloses Material, zu viel YouTube-Gefühl, zu wenig Gespür für Bilder, zu wenig Kino. NEW YORK ist immerhin kurzweiliger anzusehen als einige der anderen zahlreichen filmischen Reiseberichte zu Fuß, per Rad oder Wohnmobil, die es in den letzten Jahren in die Kinosäle geschafft haben. Workmans Film beschwört dennoch eher die Angst, daß wohl bald auch die „Follow-Me-Arounds“ und Urlaubsvideos von Influencern wie Bibi, Sami und Co. über die Leinwände flimmern.
[ Janick Nolting ]