Wenn westdeutsche, junge Menschen nicht so richtig wissen, was sie sagen sollen, sagen sie meist doch etwas, ungefähr so: "Ja, ich weiß nich..." Wenn ostdeutsche, junge Menschen nicht wissen, wie es weitergehen soll, gehen sie in den Westen und verlernen schnell, daß man vielleicht mal was sagen wollte. Eine These.
Wenn westdeutsche, junge Filmemacher eine Geschichte über das Erwachsenwerden in einer mittelgroßen Stadt - nehmen wir mal Wuppertal - erzählen wollen, dann lassen sie gern Figuren agieren - nehmen wir mal den 19-jährigen Daniel - die auch nicht wissen, was sie erzählen sollen, außer daß nun Abi vorbei ist, erster Sex in weiter Ferne und so nah scheint (mit 19?! 2001!), selbst Zivildienst nicht Eden auf Erden ist und einen ansonsten nur die Einöde umgibt. Das ist an sich nicht viel und daher fragwürdig, ob es denn erzählenswert sei. Im Kino will man doch gern überrascht, informiert, weggerissen, unterhalten oder gar geläutert werden. Wenn’s denn klappt.
Aber Benjamin Quabeck will nur stiller Beobachter eines doch - höflich formuliert - sehr ruhigen Lebens sein. Er verhilft - ehe er das auch noch verschläft - seinem blassen Helden Daniel kurz vor Filmschluß doch noch zum überfälligen ersten, raschen Mal, läßt ihn - weil stille Wasser tief sein müssen - den Rebellen raushängen und eine Tanke überfallen: für eine Flasche Fusel! Und danach wird nichts mehr sein, wie es einmal war. Quabeck gelingt mitunter sogar so etwas wie Leichtigkeit - eine dem deutschen Film gewöhnlich eher abgehende Güte - aber diese versiegt eben zu schnell zur Luftigkeit. Zwei Funken Hoffnung bestehen dennoch: wenn Quabeck - hier eben westdeutsche - Klavierkinderreihenhausbürgertumslangeweile bebildern wollte, dann ist ihm dies und vielleicht sogar ein ehrlicher Film gelungen. Naja, und Deutschland ist nicht Wuppertal.
D 2000, 104 min
Verleih: Ottfilm
Genre: Erwachsenwerden, Tragikomödie
Darsteller: Daniel Brühl, Jessica Schwarz, Marie-Lou Sellem
Regie: Benjamin Quabeck
Kinostart: 15.11.01
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.