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Nichts zu verzollen

Komik zur Verschiebung in den Köpfen

Der Erfolg von WILLKOMMEN BEI DEN SCH’TIS war gigantisch. Auch Dany Boons Nachfolger NICHTS ZU VERZOLLEN zählt in der Heimat schon jetzt zu den erfolgreichsten 20 Kinofilmen aller Zeiten. Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Boon hat also wieder einmal genau den Nerv getroffen, der grenzüberschreitend vor allem die Lachmuskeln aktiviert. Nicht, daß er dafür hätte besonders erfinderisch sein müssen. Die David-trifft-Goliath-Grundlage, vermischt mit Veräppelung dialektischer Besonderheiten, die auch noch in Uniform daherkommt; dazu eine gründliche Portion lustiger Nationalismus – geht doch eigentlich immer.

In diesem Fall spielt die Posse im fiktiven französisch-belgischen Grenzörtchen Courquain, kurz vor und nach der Abschaffung stationärer Grenzkontrollen. Die neuen Regelungen des Schengener Abkommens werden von den Franzosen gelassen gesehen, während Ruben (überzeugend cholerisch gespielt vom belgischen Komiker Benoît Poelvoorde), Grenzer auf belgischem Grund, sein Land und seine Ehre gefährdet sieht. Drogen schmuggelnde Ganoven sind nicht sein Problem. Er fürchtet die feindliche Übernahme – durch die Franzosen. Zudem ist Gegenpart Matthias, verkörpert von Boon, auch noch ganz heimlich mit Rubens Schwester liiert. Da muß es natürlich krachen, wenn beide als bi-nationales, mobiles Grenzkontrollteam ins Feld geschickt werden.

Tatsächlich ist es nur selten lustig, wenn Ruben seine Haßparolen gegen die „Franzacken“ wieder mal nicht zügeln kann, oder er seinem Sohn ausgefeilte Nachhilfestunden in Sachen Frankophobie gibt. Dagegen gestalten sich die Belgierwitze in Ostfriesenmanier noch harmlos. Boon sieht seine grenzwertigen Parodien als Chance, die Dimensionen zu verschieben. Belgien und Frankreich stünden sich ja eigentlich sehr nah. Tausche man jedoch „französisch“ mit „arabisch“ oder „jüdisch“, stelle sich das Thema Fremdenfeindlichkeit völlig anders dar.

Lachen als Grundlage für die Reflexion eigener Vorurteile? Oder Übereinander-Lachen als Anfang, das doch auch mal miteinander zu können? Dany Boons Vater stammt aus Algerien, seine Mutter aus Frankreich. Nach seiner Geburt wollte ein Teil der Familie nichts mehr von seiner Mutter wissen – daß ihm als Filmemacher eine Grenzverschiebung in den Köpfen wichtig ist, kann man durchaus annehmen. Vielleicht schafft er es ja zumindest bei einem Teil der bisher zehn Millionen französischen Zuschauer, denen die deutschen bald folgen dürften. Trotz oder gerade wegen jeder Menge Klamauks.

Originaltitel: RIEN À DÉCLARER

F 2011, 108 min
FSK 12
Verleih: Prokino

Genre: Komödie

Darsteller: Dany Boon, Benoit Poelvoorde, Karin Viard

Regie: Dany Boon

Kinostart: 28.07.11

[ Susanne Schulz ]