Filmemachen an sich ist doch ganz einfach: man schreibt ein Drehbuch, jemand liest es, gibt Geld und los kann’s gehen. Hier nun wurde eine Stufe auf dem Weg zum fertigen Film übersprungen. Denn hätte jemand das Buch gründlich gelesen, wäre schon vor dem Dreh aufgefallen, daß da einiges zusammenkommt, was so nicht zusammen gehört. Oder hat Regisseurin Sabine Michel ein vielleicht überzeugendes Buch in den Sand, oder zum Film passend, gar in den Kuhmist gesetzt? Ist letztendlich auch egal, die Posse um ein Dorf und seine - sagen wir wohlwollend - kauzigen Bewohner ist vom Auftakt an in der Schieflage. Blick auf einen Hasen, dann fliegt die Kamera über herrliche Wiesen und Seen. Kanada? Nö, Großgrimma in Sachsen Anhalt, hier heißt der Ort Dunkelhausen, was sicherlich auch irgendwie metaphorisch gedacht sein soll. Schließlich lebt der Bauernjunge Milan - von einem wie immer eindrucksvollen Sebastian Urzendowsky gegeben - in keinem günstigen Umfeld: die Oma hat es mit der Hexerei, der Vater säuft, Mutter ist leider früh verstorben, und der Rest des beschaulichen Ensembles scheut sich nicht, einen herumstreunenden Polen verschwinden zu lassen. Dem aber folgt die neugierige Ex und verbündet sich mit dem träumerischen Milan. Gemeinsam suchen sie den Vermißten und finden was? Genau, die Liebe ...
Man ahnt es früh: Sabine Michel und Drehbuchautor Thomas Wendrich wollen Skurriles erzählen, so ein bißchen frech auch, da darf gestorben werden, ohne daß wer danach fragt, da darf auch mal Film über ein nackter fleischiger Arsch durchs Bild laufen, Kuhmist im Gesicht landen, ein abgedroschener Altherrenscherz dem gleichen folgen ... Und immer dann, wenn Frau Michel spürt, daß nur schräg spielen, wenn auch in pittoresker, fachwerkhäuslicher Dorfkulisse, eben nicht genügt, zieht sie sich ins Poetische zurück, legt schwermütige Musik von den Tindersticks auf, und zaubert ganz hübsche Unterwasserbilder von einer Ertrinkenden. Aber auch all das bleibt behauptet, und das spürt Frau Michel ebenso, so daß sie rasch wieder das Ruder herumreißt und nun den Schwerpunkt aufs Naturalistische legt: Blüten, Ameisen, Nachthimmel in Großaufnahme.
Auch dieser Versuch kann nur hilflos bleiben, weil man sich eben Schablonen, sagen wir ruhig Knallchargen, statt greifbarer Figuren erdachte, die - unter ihnen ein Organe sammelnder Quacksalber - pausenlos gestelzten Unsinn aus verschwörerischen Mündern raunen, Augen aufreißen und über Gehöfte rennen müssen - wie gesagt gern auch mal rosig nackig. Schmierentheater also, was reichlich Gelegenheit zum Fremdschämen bietet, hier im rechtsfreien Raum, wofür Sachsen Anhalt als satirisches Element ganz gut herhalten kann. Aber für humoristischen Subtext ist in dieser wie gewollt und nicht gekonnt wirkenden, reichlich altbackenen Ballade über das ach so schräge Landleben kaum Platz. Karges Fazit: ein vielversprechender Jungmime und eine schöne Polin machen noch keinen Film.
D 2005, 92 min
Verleih: Novapool
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Sebastian Urzendowsky, Agnieszka Grochowska, Eva Maria Hagen, Peter Kurth, Max Tidof, Juliane Köhler, Falk Rockstroh
Regie: Sabine Michel
Kinostart: 08.03.07
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.