Eines Morgens erwacht Nanna Maria, alterndes Oberhaupt eines neuseeländischen Familienclans fidschi-insolanischer Herkunft, und beschließt, daß es noch einmal so lustig und lebendig zugehen soll wie früher. Sie weist ihre Enkel unmißverständlich an, ihr bis zum Abend ein großes Gartenfest auszurichten, so wie es die Tradition will: mit einem Schwein am Spieß, Musik, Gelächter und möglichst auch mit Prügelei. Was ist daran knifflig? Erstens: Sie will auf dem Fest ihren Nachfolger, ihre Nr. 2, bestimmen. Zweitens: Die Familie ist längst zerstritten und der Nichtsnutzigkeit anheim gefallen. Drittens: Nur die Enkelkinder sind eingeladen, weil Nanna ihre Kinder nicht sehen will. Dabei ist es so klar wie der neuseeländische Sommerhimmel, daß es ein großes Fest der Versöhnung werden muß.
Regisseur und Drehbuchautor Toa Fraser hat aus seinem eigenen Einpersonenstück einen Ensemblefilm mit einer Vielzahl von Personen gemacht, die zwar so hübsche Namen wie Hibiscus und Erasmus tragen, aber zumindest anfänglich nicht leicht auseinander zu halten sind und mehr oder weniger notwendig für die Geschichte. Im Zentrum steht natürlich die resolute Matriarchin. Von ihrem Charisma geht die Kraft des Filmes aus. Und trotzdem wirkt auch diese liebenswürdige Figur oft aufgesetzt, wenn sie etwa beim Blick durch das Fenster - Lieblingsenkel Tyson schlägt gerade seinen Cousin zu Boden, weil der seine Freundin angefaßt hat - endlich ausrufen darf: Das ist Leben! Dieser Appellcharakter, der Aufruf zur guten Laune, beherrscht den Film etwas zu sehr, und die einzelnen Motive, auch wenn so ozeanisch exotische wie mit Unglück belegte Haustüren darunter sind, sowie die Charakterisierungen der Gäste von heißblütig bis anbiederisch, wirken daneben wie bestellt und nicht abgeholt.
Die emotional tiefste Szene findet denn auch nicht im Vorbereitungs-Gewühle statt, sondern zur Mittagszeit in Nannas Zimmer, wenn sie erschöpft und im Glauben, das Fest sei abgeblasen, auf ihrem Bett liegt und eine Kassette mit Opernmusik hört. In dieser ruhigen Zwischenszene entsteht ein echtes Gefühl für die Figur. Schade, daß solche Momente nicht öfter gelingen. Das hätte vielleicht auch das eigentliche Thema hinter der Komödie, nämlich den Traditionsverlust, deutlicher werden lassen.
Originaltitel: NUMBER TWO
Neuseeland 2005, 96 min
Verleih: Arsenal
Genre: Komödie, Familiensaga
Darsteller: Ruby Dee, Tuva Novotny, Mia Blake, Rene Naufahu
Regie: Toa Fraser
Kinostart: 26.10.06
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...