Das Wiedersehen von Tamara und Jasmin, die sich noch aus ihrer Schulzeit kennen, steht unter keinem guten Stern. Lange haben sie sich nicht gesehen und sitzen sich nun im Aufenthaltsraum einer Abtreibungsklinik gegenüber. Beide haben den Eingriff schon hinter sich. Peinlich sprachlos verstreicht die Zeit, nur ein paar Worte, die zeigen, daß man sich erkennt. Ein kurzer Abschied auf der Straße, und die jungen Frauen gehen wieder ihre eigenen Wege.
Allein diese Szene zeigt, mit welch wunderbarem Einfühlungsvermögen die Österreicherin Barbara Albert gesegnet ist. Mit einem einzigen, knappen Dialog und der präzise eingefangenen Stimmung einer vorsichtigen, unbeholfenen Annäherung erzählt sie von enttäuschter Liebe, Sehnsucht, Lebensangst und Einsamkeit.
In diesem Moment des ersten Zusammentreffens ihrer Hauptfiguren weckt sie Interesse für die zwei Frauen, nimmt ihn zum Anlaß, in ihr Leben einzutauchen. Der Serbin Tamara folgt sie in die einsame Wohnung, zur Arbeit in einem Wiener Krankenhaus, wo sie von einer bösartigen Oberschwester schikaniert wird. Jasmins tristes Zuhause zeigt Albert mit schonungsloser Ehrlichkeit: abgewetzte Jogging-Hosen, Streit, Gewalt, Resignation. Der Vater mißbraucht die jüngere Schwester, und Jasmin verkriecht sich angeekelt unter der Bettdecke.
Vor allem in den bedrückend authentischen Milieustudien liegt die Kraft dieses Films. Dabei umschifft Albert sicher und gekonnt die Klippen sozialromantischer Verklärung, bleibt bei aller Härte auf dem Teppich. So gönnt sie Tamara und Jasmin auch erholsame Momente, in denen sie einfach nur jung und unbeschwert sein dürfen. Dank der großartigen Darstellerinnen erscheinen die beiden unglaublich lebensecht, als müsse man nur die Hand ausstrecken, um sie zu berühren.
Österreich/D/CH 1999, 109 min
Verleih: Ventura
Genre: Drama, Liebe, Schicksal
Darsteller: Nina Proll, Edita Malovcic, Michael Tanczos, Tudor Chirilá
Stab:
Regie: Barbara Albert
Drehbuch: Barbara Albert
Kinostart: 08.02.01
[ Sylvia Görke ]