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Noseland

Die ungeahnt komische Welt der Klassik

„An Dir ist ein echter Komiker verlorengegangen.“ Diesen Satz wird Aleksey Igudesman, erfolgreicher Violinist und Regisseur dieser haarsträubend unterhaltsamen Klassik-Dokumentation, schon des öfteren gehört haben. Denn so wie er seinen Kollegen, den weltberühmten Geiger Julian Rachlin, und dessen Klassikfestival, das alljährlich im wunderschönen Dubrovnik stattfindet, porträtiert, hätte auch einem Sacha Baron Cohen zur Ehre gereicht. Da werden Kollegen, allesamt Weltstars der klassischen Musik, mit geschmacklosen Fragen vergrault, der Berufsstand und die eigene Person zuweilen schmerzhaft lächerlich gemacht und sogar internationale Schauspielstars wie John Malkovich und Roger Moore hemmungslos verulkt. Herausgekommen ist eine filmische Annäherung an eine sonst allein dem hochkulturaffinen Musikkenner vertraute Welt, deren komische Seite bisher offensichtlich viel zu sehr vernachlässigt wurde.

Elitär, verstaubt, bieder. So oder ähnlich wird die traditionsreiche musikalische Welt der Klassik gern aus der Außenperspektive wahrgenommen. Daß Igudesman dem etwas entgegensetzen wollte, ist da nur allzu verständlich. Und so bedient er sich eines Mittels, welches die Rock-Dokumentation schon vor 30 Jahren aus der Einbahnstraße der bierernsten Starhuldigungen rettete: Das „Mocking“, also das Spötteln, wurde dem Dokumentieren hinzugefügt und mit SPINAL TAP die Mutter aller Musiker-Verulkungen aus der Taufe gehoben.

Allein mit diesem Kniff werden zwar brillante Instrumentalisten wie Mischa Maisky oder Nicole Benedetti nicht gleich zu Rockstars, ein gutes Stück näher als auf einer perfekt ausgeleuchteten Bühne und inmitten eines befrackten Publikums kommt man den Damen und Herren dennoch allemal. Daß bei all den humoristischen Einlagen von NOSELAND die Musik beinahe etwas zu kurz kommt, ist von Igudesman sicher kalkuliert. In dieser Hinsicht fungiert sein Film eher als Appetitanreger denn als Ohrenschmaus. Schließlich gilt es hier, eine neue Zuschauer- bzw. Zuhörerschaft zu gewinnen und nicht den gemeinen Klassikkenner zu verwöhnen.

Außer Humor beweist Igudesman am Ende außerdem noch gehörig Mut. Denn wer sonst würde sich schon vor laufender Kamera trauen, Roger Moore zu stecken, daß er ihn nur für den fünftbesten Bond-Darsteller hält und er lieber Sean Connery interviewt hätte?

Österreich 2012, 82 min
FSK 0
Verleih: Missing Films

Genre: Mockumentary, Persiflage

Regie: Aleksey Igudesman, Sebastian Leitner

Kinostart: 31.07.14

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...