Originaltitel: OFFICIAL SECRETS

USA/GB 2019, 112 min
FSK 6
Verleih: Entertainment One

Genre: Thriller, Polit

Darsteller: Keira Knighthley, Ralph Fiennes, Matt Smith, Adam Bakri

Regie: Gavin Hood

Kinostart: 21.11.19

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Official Secrets

Eindeutig und straff

„Sensible Informationen“ ist ein toller Euphemismus. Denn sensible Informationen muß man sensibel handhaben, und das heißt ja oft vor allem, sie der sogenannten Öffentlichkeit vorzuenthalten, weil das, was gemeinhin so Öffentlichkeit darstellt, ja eher wenig sensibel ist. Weshalb man auch echt schnell mal in die Bredouille kommen kann, wenn man aus einem inneren Kreis heraus, der sich aus welchen Gründen auch immer für sensibel genug hält, sensible Informationen zu horten und mit ihnen zu hantieren, diese Informationen ins Offene trägt.

So wie Katharine Gun (toller Name, oder?) es tat. 2003 arbeitete die beim britischen Geheimdienst (ganz sensibler Kreis) als Übersetzerin und geriet dabei eher zufällig an ein, nun ja, „sensibles“ Memo der Kollegen von der NSA, in dem davon die Rede ist, einen gewissen Druck auf gewisse widerspenstige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates auszuüben. Weniger euphemistisch gesagt: Diese zu erpressen, auf daß sie bei der entscheidenden UN-Sitzung die entscheidend richtigen Vetos ablegen. Nämlich die für eine Invasion im Irak. Es sind diese „sensiblen Informationen“, die Gun der Öffentlichkeit zugänglich machte. Woraufhin ihre Arbeitgeber wenig überraschend wenig sensibel reagierten.

Es ist eine wahre Geschichte, die jetzt Gavin Hood routiniert aufbereitet hat. OFFICIAL SECRETS ist straff inszeniert, dabei durchaus auch spannend auf die gute alte, also eher gelassen souveräne Art. Und der Film ist eindeutig. Eindeutig in seiner moralischen Positionierung, was ob des Sujets völlig in Ordnung gehen mag. Und eindeutig in seinen Richtig-falsch-Schemata, in die sämtliche Figuren ebenso eindeutig eingepaßt sind.

Was dann wiederum aus vor allem einem Grund weniger in Ordnung geht: Hoods Film fehlt es an Figuren und Szenen, in denen Ambivalenzen arbeiten, in denen moralische Nuancen und Schattierungen wirken. Es geht dabei nicht darum, gewissen Leuten ihr unentschuldbares Handeln zu entschuldigen, sondern darum, ihnen eine Kontur zu geben, die auf die komplexe Gemengelage rückschließen läßt, aus der heraus dann wiederum Gun ihre Entscheidungen traf.

Es wäre ein Weg gewesen, das Publikum nicht nur mit einer Heldinnengeschichte gut zu unterhalten und moralisch zu coachen (was beides der Fall ist), sondern tatsächlich vielleicht auch zu sensibilisieren.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.