Eines kann man dem Film nicht vorwerfen: Er redet niemandem nach dem Munde. OFFSET, der möglicherweise seltsamste Film des Jahres, macht sein ganz eigenes Ding - irgendwo zwischen Ost-West-Liebesdrama und Bukarester Gesellschafts-Posse.
Die halb verfallenen Straßen der rumänischen Hauptstadt bilden die Filmkulisse für Turbulenzen persönlicher, ökonomischer und kultureller, man kann fast sagen, völkischer Art. Der Fehler im Betrieb scheint zunächst in der neuen offset-Maschine Made In Germany zu liegen, die der junge deutsche Ingenieur Stefan in der Druckerei von Iorga installiert. Iorga läßt extra einen zweiten Gutachter aus Deutschland kommen. In Wahrheit will der Alte die Hochzeit zwischen Stefan und seiner Sekretärin Brindusa verhindern, die früher ganz allein ihm gehörte. Mit allen Wassern geschlagen treibt er einen Keil zwischen das junge Paar, das zusätzlich durch den Anmarsch der bis zum Hals mit Vorurteilen bewaffneten deutschen Verwandtschaft ins Schleudern kommt. Der Aufeinanderprall der Welten ist nicht mehr aufzuhalten.
Eine denkwürdige Unordnung beherrscht den Film. Gleich am Anfang, wenn Stefan und Iorga in der Druckerei um das Farbband kämpfen, glaubt man schon ans Ende der Geschichte gehüpft zu sein. Kuriose Musikbeiträge zitieren Filmgenres von TV-Komödie bis Heldenepos, die gar nicht hierher gehören. Und Nebenrollen unbekannter Herkunft schleichen sich plötzlich in die Geschichte. Doch die Unordnung paßt zum Thema. Erst rückwirkend beginnt man, die großäugig dreinblickende Sekretärin zu verstehen, die von ihrem alten Tyrannen-Liebhaber nicht loskommt. Der alte Mann steckt in einer unheilbaren Identitätskrise und mit ihm das alte Rumänien.
Köstliche Szenen spielen sich nebenbei in der Familie ab, wenn der rumänische Brautvater die deutschen Eltern, Katharina Thalbach und Manfred Zapatka, zu einem brisanten Abendessen empfängt. Gegen diese Nebenrollen sieht das Brautpaar dann leider relativ blaß aus. Die Völkerverständigung schreitet voran, wie der deutsche Gutachter zu Beginn feststellt. Das sieht der Film doch eher skeptisch und stellt zur vieldiskutierten Frage, ob Rumänien reif sei für die EU, die Gegenfrage: Ist die EU reif für Rumänien?
D/F/CH 2005, 109 min
Verleih: 3L
Genre: Drama, Liebe
Darsteller: Alexandra Maria Lara, Razvan Vasilescu, Felix Klare
Regie: Didi Danquart
Kinostart: 02.11.06
[ Lars Meyer
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