D 2022, 100 min
FSK 6
Verleih: Neue Visionen

Genre: Mockumentary, Dokumentation, Komödie

Regie: Heike Fink

Kinostart: 06.04.23

3 Bewertungen

Olaf Jagger

Westlich des Pullunderäquators

So viel steht fest: Mit dem Ausmisten im väterlichen Hauskeller und der anschließenden Suche nach bis dato verborgenen Familiengeheimnissen kommt Comedian, Autor und Musiker Olaf Schubert wesentlich besser zurecht als mit der Liebe. Ergo ist die Mockumentary OLAF JAGGER von heute wirklich gelungener als die einfältige Komödie SCHUBERT IN LOVE von 2016. Daß sich der Dresdner Künstler in den Zwischenjahren weiter zu etablieren wußte, auch durch fest gebuchte Fernsehaktivitäten, wird Heike Finks launigem Film vor allem weiter westlich des rautig gezogenen Pullunderäquators von Nutzen sein.

Als Fan oder Nicht-Fan geht man mit Erwartungen in eine Schubert-Begegnung, und wenn es ganz gut läuft, ist man sogar bereit, seine eigenen Erwartungen unterlaufen zu lassen. Das ist gut so. Denn für OLAF JAGGER wurden viele sehr richtige Entscheidungen getroffen. Das Werk hat witzige Einfälle in Kette intus, eine flotte Umsetzung zu bieten und zerstreut auf gar nicht alberne Weise.

Olaf kümmert sich mit Herz und Seele um den, den er Vater nennt und sich bislang nicht viel dabei denken mußte. Als sich jedoch untrügliche Zeichen in Form von Orwo-Magnetbändern und später gar Fotografien finden lassen, die auf einen verschwiegenen Westbesuch der im DDR-Rundfunk moderierenden Mutter in den 60ern verweisen, gerät Olafs Welt ins Trudeln. Was ist dran an der Reise aus Anlaß eines Rolling-Stones-Konzerts in Münster, am intimen Termin der Mutter mit Mick Jagger, und stimmt mehr als die rein rechnerische Konstellation, wonach Olaf neun Monate später geboren wurde? Die Privatfahndung mit Kamerateam beginnt.

Und damit eine lust- und reizvolle Kombination aus echten Zeitzeugen, zum Teil an falschen Orten, originalen Beweisstücken und nachgestellten Archivbildern, Improvisation und Plan B, Rock und Roll, Reisen über Land bis hin nach Frankreich zum „Bäcker von Jagger“ und nach London zu Menschen, die Erbfolgen regeln könnten, wenn sie denn würden wollen dürfen.

Feine Irritationen werden wie Sand ins Getriebe geworfen, Gags sind geschickt plaziert, das Tempo ist größtenteils straff bis auf jenen Moment, da man in der Berliner Stasiunterlagenzentrale förmlich mit Schubert leidet. Oder als er ein eigenes Foto (freier Oberkörper) unter dem von Jagger hervorschiebt. An nicht nur gewisse Ähnlichkeiten will man mit ihm zusammen glauben.

[ Andreas Körner ]